»the younger one« – Eine Aufführung im Theater an der Uni

»the younger one« – Eine Aufführung im Theater an der Uni

»the younger one«, ein selbstgeschriebenes Stück von Marie Töpfer, hat den Zahn der Zeit getroffen und eine Ebene erschaffen, in der die Welten von Dozierenden und Studierenden zusammentreffen. Es geht um Entscheidungen und das, was uns dazu verleitet, sie zu fällen. Das LaBohaem-Kollektiv, eine Gruppe aus 26 jungen Menschen unterschiedlicher Fachrichtungen, lud vergangene Woche in das Theater an der Uni ein und präsentierte eine Show, welche das Publikum staunend zurückließ.

Von Carina Aigner

Von Donnerstag, den 13.07.2023, bis Sonntag, den 16.07.2023, brachte das LaBohaem-Kollektiv ein Stück auf die Bühne, welches zuvor in noch keinem Theatersaal der Welt zu sehen war. Dabei handelte es sich um »the younger one«, geschrieben und inszeniert von Marie Töpfer. Über das letzte Jahr hinweg kamen 26 junge Menschen aus den unterschiedlichsten Fachrichtungen zusammen, um zu proben, zu üben und sich auf diese einmalige Aufführung vorzubereiten. Insgesamt 55 intensive Wochen Probenzeit liegen hinter den Mitwirkenden der Theatergruppe, was sich auf der Bühne bemerkbar machte. Viele waren zu Beginn der Probenzeit noch unerfahren, hatten nur wenig Berührung mit dem Theater. Davon war zum Schluss definitiv nichts mehr zu sehen. Alle standen souverän auf – oder hinter der Bühne – und ermöglichten den Rezipierenden eine gelungene Aufführung.

„the younger one“ – Ein Stück über Entscheidungen

(Bild: Johannes Klein, v.l.n.r. Luise Flath, Hanna-Eliza Höpel, Orgesa Bllaca, Yul Fischer, Fabian Leicht und Konstantin Pierratos; Bühnenbild von Isabella Rottmann und Marie Horsch)

„Ein Semester. Ein Semester noch, so versprach ich es mir selbst. Und dann, schwor ich, wird neu entschieden…“

(einleitende Worte von Sinab im 1. Akt)

Es gibt Momente im Leben, in denen uns Menschen oder gar Situationen begegnen, die wir so nie kommen sahen. Genau sie sind es, die uns ist mit der Frage zurücklassen, ob das, was wir in ebendiesem Moment empfinden, das Richtige ist, ob wir dort, wo wir gerade stehen, auch wirklich hingehören. Auch Sinab (Orgesa Bllaca) steht vor dieser Frage. War das Kunststudium an der University of Chances wirklich das, was sie immer wollte? In diesem Stück sehen wir der jungen Studierenden dabei zu, wie sie zusammen mit ihren Kommilitonen und Kommilitoninnen Adam (Yul Fischer), Mandy (Hanna-Eliza Höpel), Jody (Luise Flath) und Jelly aka. James (Fabian Leicht) eine Vernissage auf die Beine stellt, welche über den weiteren Verlauf ihrs Studiums entscheiden wird.

Neben Sinab begleiten wir noch Celine Majoly (Jannis Kamper), eine Professorin der Philosophie, die durch Entscheidungen und Menschen aus ihrer Vergangenheit in ihrem nach außen so ‚perfekten Leben‘ ebenfalls aus der Bahn geworfen wird. Mona (Sofie Bachhofer), ihre alte Liebe aus Paris, kommt unverhofft in die Staaten und sucht Celine auf, um noch einmal mit ihr von vorne zu beginnen. Sie beginnt, nicht nur an ihrer Beziehung mit Sam (Tobias Demmel) zu zweifeln, sondern auch an vielen weiteren Dingen, die ihr einst so gefestigtes Leben betreffen. War die Entscheidung, damals in die Staaten zu gehen und alles in Paris zurückzulassen, die richtige?

In kurzen Zwischensequenzen werden die Rezipierenden mit der Figur ‚the broken one‘ (Amaya Sander & Konstantin Pierratos) vertraut gemacht, welche uns mit ihren Gedanken zum Thema Entscheidungen immer wieder zurückführt und damit einen Rahmen um die gesamte Thematik bildet.

Mehr als nur Schauspiel auf der Bühne

(Foto: Maximilian Hasenöhrl, v.l.n.r. Jannis Kamper, Fabian Leicht, Orgesa Bllaca, Yul Fischer, Luise Flath und Hanna-Eliza Höpel; Bühnenbild von Isabella Rottmann und Marie Horsch)

Der Vorhang öffnet sich. Viel mehr als ein Stuhl ist auf der Bühne nicht zu sehen. Hatte das Team vergessen das Bühnenbild rechtzeitig aufzubauen? Nein, dieses subtile Bühnenbild war gewollt und erfüllte seinen Zweck. Ein Video wird auf die Wand projiziert, gibt uns eine Hinführung zu dem, was gleich auf dieser Bühne passieren wird. Das Licht geht an und Sinab beginnt zu sprechen, nimmt uns mit in ihre Welt.

Nach zwei Stunden Spielzeit findet die erste Pause statt. Das Publikum wird gebeten den Raum für 15 Minuten zu verlassen, damit die Studierenden die Möglichkeit haben, ihre Vernissage aufzubauen. Nachdem die Rezipierenden in den Theatersaal zurückkehren, befinden sie sich nicht mehr im Theater an der Uni, sondern an der University of Chances – sie werden zum Teil der Ausstellung. Unter dem Thema WACHStum präsentieren die Studierenden ihre insgesamt sechs Wachsfiguren auf der Bühne. Jedoch handelt es sich hierbei nicht um unechte Plastiken. Hinter bunten Lichtern und farbenfrohen Kostümen (von Annika Schreiber & Jette Gebauer) verstecken sich echte Menschen, die zu Beginn der zweiten Spielhälfte regungslos auf der Bühne verweilen.

Neben den verschiedenen Videosequenzen (gefilmt von Fabian Leicht & Johannes Klein) findet auch selbstkomponierte Musik von Anna-Madlen Gurău, Konstantin Pierratos, Hanna Eliza Höpel und Lea Bittcher auf der Bühne ihren Platz. Selbst ein Tanz wurde unter der Leitung von Luise Flath für diese Aufführung choreographiert und mit den Schauspielenden geprobt. Anna Sluk, die kurzfristig zum Kollektiv dazustoß, erweiterte das Methodenspektrum zudem noch mit einer Live-Performance des Songs Whats the name of the Game der allseits bekannten Band ABBA.

Stimmen aus dem Publikum

(Foto: Johannes Klein, v.l.n.r.: Karolìna Nemecková, Hannah Bockemühl & Lea Fuchs)

Stimmen im Publikum wurden laut, nachdem die Aufführung vorüber war. Viele der Rezipierenden hätte die Länge des Stücks, welche drei Stunden betrug, zunächst etwas abgeschreckt. Gemerkt hätten sie während der Aufführung jedoch nichts davon. Das Stück nahm die Menschen mit, sodass Zeit nur noch ein relativer Faktor war.

Eine besondere Begeisterung wurde dem 17-jährigen Schüler Jannis Kamper zuteil, welcher die Rolle der Celine verkörperte. Es gelang, ihm ohne grundlegendes Wissen über akademische Abläufe eine Figur zum Leben zu erwecken und ihre leere Hülle mit einem authentischen Charakter zu füllen. Auch allen anderen Studierenden, die sich auf und hinter der Bühne erprobten, wurde ein großes Lob ausgesprochen.

Es ist kaum zu glauben, so äußerten sich einzelne Personen aus dem Publikum, dass dieses Kollektiv erst vor einem Jahr durch Marie Töpfer und ihre Regieassistenz Carina Aigner* ins Leben gerufen wurde. Es entstand aus einem Gespräch im März 2022 auf der Steinernen Brücke und endete mit einer Gruppe, die in jedem Bereich von den Stärken ihrer Mitglieder profitierte. Schauspieler:innen, Musiker:innen, Techniker:innen, Bühnenbildner:innen, Kostümschneider:innen, eine Visagistin (Melissa Stah) und ein Recht- und Finanzbeauftragter (Maximilian Hasenöhrl) kamen im vergangenen Jahr zusammen, um ‚the younger one‘ auf die Bühne zu bringen, ein Stück über Entscheidungen und was uns hilft, sie zu treffen.

*AdV: Dieser Artikel basiert auf den Meinungen, wie auch Rückmeldungen des Publikums und wurde von der Verfasserin neutral verfasst.

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