»Stadtbahn«

»Stadtbahn«

In einer Woche, am 09.06.2024 findet in Regensburg ein Bürgerentscheid zur Stadtbahn statt. Obwohl der Ausbau von öffentlichen Verkehrsmitteln für eine nachhaltige Zukunft unabdingbar ist, gibt es auch kritische Stimmen gegen den Bau. Ein Kommentar zu dem geplanten Projekt. Und eine Erinnerung: geht wählen!

Von Ida Müermann

Das erste Mal sind mir die Pläne zum Bau einer Stadtbahn Anfang des Jahres begegnet. Um genauer zu sein in der Gruppe des Campus e.V., der das jährliche Campusfestival plant. Es herrschte Aufregung und Sorge, weil die geplanten Strecken der Stadtbahn vielleicht über den Campus führen werden. Das hatte wohl bei einigen Mitgliedern des Vereins die Befürchtung ausgelöst, dass es in Zukunft dort erschwert oder unmöglich wird, ein Festival um die Gleise herum auszurichten. Auf dem Heimweg im überfüllten Bus zwischen der Haltestange und dem voluminösen Rucksack der Person vor mir eingezwängt kam mir der Gedanke, dass neue Öffis in Regensburg eigentlich keine schlechte Idee wären. Beim Aussteigen aus dem Bus war ich in Gedanken schon beim Abendessen und hatte das Thema wieder vergessen.

Zwei Monate später landete die Benachrichtigung für einen Bürgerentscheid in meinem Briefkasten und brachte die Stadtbahn wieder auf den Tisch. Neben den Wahlunterlagen befanden sich auch zwei Pro und Contra Flyer sowie einen Brief von einem „besorgten Nachbarn“, der ungefragt seine Stellungnahme zum Besten gab. Scheinbar hatten viele Menschen eine Meinung zu dem geplanten Bau, während ich noch nicht einmal richtig wusste, was genau die Stadtbahn ist. Hier ein paar gesammelte Informationen für alle, denen es ähnlich geht.

Bahn schlägt Bus

Beginnen wir mit der unbestreitbaren Problemsituation: die Regensburger Busse können es zu den Stoßzeiten nicht mehr mit den Menschenmengen aufnehmen. Gegner:innen der Stadtbahn gehen darauf ein und fordern, mehr Busse einzusetzen, um die weiter wachsende Anzahl an Personen zu befördern. Dabei stellen sich jedoch zwei neue Probleme. Zum einen der Fachkräftemangel- es fehlt an Busfahrer:innen, und mit KI fahren die Busse (noch) nicht. Zum anderen die Streckenführung über den Busbahnhof als Knotenpunkt, der jetzt schon überlastet ist. Eine Bahn hingegen kann mehr Menschen schneller und effizienter transportieren. Eine kleine Beispielrechnung: wenn wir 300 Personen befördern möchten, brauchen wir dafür 75 Pkws (auch wenn eine Vollbesetzung selten ist, der Durchschnitt liegt bei 1,5 Personen pro Auto). Alternativ drei (mit je 100 Personen unangenehm überfüllte) Busse oder eine Bahn.

Mit einer Stadtbahn kommt es also zur Entlastung der Straßen und somit auch zu weniger Stau. Neben der gleichmäßigeren Geschwindigkeit der Bahn ein Grund, warum man mit der Bahn wichtige Ziele in der Stadt schneller erreichen kann- und komfortabler. Laut der Planung soll die Stadtbahn barrierefreier werden, als es die Busse aktuell sind, sodass auch ohne Hilfe von außen eingestiegen werden kann. Es gibt einen weiteren positiven Nebeneffekt, wenn die Straßen umgestaltet werden. Beim Umbau wird eingeplant, entlang der Bahntrasse breitere und sichere Radwege zu schaffen. Zuletzt ist noch anzubringen, dass eine umweltfreundliche Stadtbahn eine großartige Chance für mehr Klimaschutz bietet. Nicht nur durch Elektromobilität anstelle von Verbrennern, sondern auch, indem sie mehr Leute vom Individualverkehr in ausgebaute und komfortable Öffis bringen kann.

Gleisfrei fährt es sich schlecht in die Zukunft

Natürlich gibt es auch einige Sorgenpunkte bei einem so großen Projekt. Das sind zum einen die hohen Kosten. Die Finanzierung der Stadtbahn wird die Stadt über einen längeren Zeitraum einengen und wenig Spielraum für andere Investitionen im öffentlichen und sozialen Raum lassen. Die Initiative Gleisfrei-Regensburg befürchtet zudem einen unerwarteten und hohen Anstieg der prognostizierten Kosten über das verfügbare Budget hinaus. Ihr Argument, dass sich die Planungsphase durch Einsprüche und Klagen jahrelang verzögern wird und so weitere Kosten verursacht, klingt dabei jedoch auch ein wenig wie Erpressung. Ganz nach dem Motto: „Wir haben euch ja gesagt, dass es teurer wird, dafür werden wir dann selbst sorgen.“

Zum anderen wird kritisiert, dass der Bau der Umwelt und den Anwohnern schadet. Bevor die erste Bahn fahren kann, wird durch Beton, Stahl und Baustellenverkehr erstmal eine schlechte CO2 Bilanz erzeugt. Auch müssen für die geplanten Linien um die 600 Bäume gefällt werden. Neben der Umwelt leiden dabei auch die Anwohner, die mit dem Baulärm und den versperrten Straßen leben müssen. Da kann man tatsächlich zustimmen, die Bauphase wäre für niemanden in Regensburg angenehm. Ausfallende Buslinien, stillstehender Verkehr, Umleitungen und Baulärm machen keine Freude. Trotz allem sollte man nicht zu kurzfristig denken. Für eine nachhaltige Zukunft ist der Ausbau der Öffis unerlässlich. Die Initiative Gleisfrei- Regensburg möchte sich dabei auf die Deutsche Bahn verlassen, die einen S-Bahngürtel um die Stadt plant. Dieser wäre aber nur eine Ergänzung zu einem funktionierenden innerstädtischen Netzwerk von öffentlichen Verkehrsmitteln und kann das Problem der überlasteten Knotenpunkte in der Stadt nicht lösen.

Außerdem- auf die Deutsche Bahn zu warten ist meiner Erfahrung nach nie eine gute Idee. Unabhängig von meiner persönlichen Meinung, egal, ob ihr jetzt für oder gegen eine Stadtbahn seid, informiert euch weiter, bildet euch euer eigenes Urteil und geht wählen. Am Sonntag in einer Woche, am 09.06.2024, ist der Bürgerentscheid. Die Stadtbahn betrifft uns und unsere Zukunft. Bitte beteiligt euch an der Entscheidung!

Quellen:

www.unsere-stadt-unsere-bahn.de

www.gleisfrei-regensburg.de

www.forschungsinformationssystem.de/servlet/is/79638

Beitragsbild: Ida Müermann

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