»Chicago – Das Musical« kommt nach Regensburg

»Chicago – Das Musical« kommt nach Regensburg

Skrupellos, sexy, unterhaltsam und dabei immer ein bisschen zynisch: ein Stück über Mord, das Streben nach Ruhm, Sensationslust (oder wie man heute vielleicht eher sagen würde »Fame Geilheit«), Ehebruch, Gewalt und dabei ganz viel Jazz. Chicago ist ein mitreißendes Musical, welches die Moralvorstellungen schon mal auf den Kopf stellt und feierte am 14.April in Regensburg seine Premiere.

von Lea Wöhl

Im Zentrum, eines der bekanntesten Broadwaymusicals, steht Roxie Hart. Roxie ist eine ehrgeizige Frau, die von einer schillernden Karriere im Show-Business der wilden 20er-Jahre träumt. Nachdem sie kurzerhand ihren Liebhaber erschossen hat, weil der sich von ihr trennen wollte, landet sie im Frauengefängnis. Das Gefängnis entpuppt sich schnell als eher rechtsfreier Raum, in dem die Anstaltschefin Mama Morton ein zweifelhaftes Regiment führt: Wer Geld für Mama hat, bekommt von Mama fast alles.

Steffi Denk als Mama Morton, Louisa Poletti, Ensemble; Foto: Jochen Quast

Dass auch in der Welt außerhalb des Gefängnisses, Geld und eine spektakuläre Geschichte die Gesetze bestimmen, manchmal mehr als der Rechtsstaat, wird im Laufe des Stückes deutlich. Durch Witz, die Schnelllebigkeit des Stückes und sein zynischen Humor, schafft es das Stück einen mitzureißen und die Moral für einen Moment auf den Kopf zu stellen. Im Frauengefängnis trifft Roxie auch auf ihr Idol, den Showstar Velma Kelly. Dass Velma nach einem Doppelmord in Haft sitzt, tut ihrem Ruhm keinen Abbruch – ganz im Gegenteil. Medienpräsenz, egal wofür und was eignet sich dafür besser als eine spektakuläre Mordgeschichte. Damit Roxie allerdings bald wieder freigesprochen wird, um ihren Ruhm für ihre Karriere zu nutzen, braucht sie den besten Strafverteidiger und das ist nun mal Billy Flynn. Schon bald befindet sich Roxie mit ihrem ehemaligen Idol in einem Wettstreit, um die Gunst des korrupten und gerissenen Staranwaltes und vor allem um die Gunst der Presse. So schnell die Presse sich auf Roxie stürzt, so schnell jagt sie auch schon der nächsten Schlagzeile hinterher: je absurder die Schlagzeile, desto größer die Aufmerksamkeit. Roxie´s eher treudoofer und sehr naiver Ehemann, gespielt von Oliver Weidinger, wird so eingesetzt, wie es gerade passt. Nach allen Regeln der Kunst wird Roxies Geschichte vermarktet und nimmt immer absurdere Züge an. Besonders mitreißend wird das Musical durch das Verschwimmen von Wahrheit und Fiktion, von Schein und Sein. Durch jedes performte Stück ist schwerer zu sagen, was nun Show und was das nicht ist. Das Ganze gipfelt schließlich in Roxie´s Gerichtsprozess, in dem es vielmehr um die beste Show und das Spiel mit der Wahrheit geht, als die tatsächliche Suche nach der Wahrheit. Das Stück endet mit einer gemeinsamen Show-Nummer von Roxie und Velma, deren Beziehung sich im Laufe des Stückes zu einer Art Freundschaft, von der Sie natürlich beide profitieren, verwandelt hat.

Miriam Neumaier als Roxie Hart, Opernchor; Foto: Jochen Quast

Trotz der eigentlichen Schwere der Themen fühlt sich das Stück leicht an und es gibt viel zu lachen. Die Musik zieht einen nicht nur in den Bann, sondern versetzt einen auch in eine fiktive Show-Welt der 20er-Jahre, in der alles möglich scheint, solange die Show stimmt. Wenn man an das Musical Chicago denkt, kommen einem gleich Songs wie »All That Jazz«, »Cell Block Tango« oder »If You’re Good to Mama« in den Kopf. Umso skeptischer war ich zunächst, als die bekannten Songs auf Deutsch performt wurden. Durch die grandiosen Darsteller:innen wie Miriam Neumaier als Roxie Hart, Natascha Hill als Velma Kelly oder auch Steffi Denk als Mama Morton und die gelungene Übersetzung tut die deutsche Version der Lieder ihrer Kraft und mitreißenden Energie jedoch keinerlei Abbruch. Neben den Liedern sind es vor allem die tänzerischen Performances, die einen völlig in ihren Bann ziehen und mal kurz die Realität um sich herum vergessen lassen. Wie hoch das szenisch-tänzerische Niveau ist, wird gleich bei der berühmten Eröffnungsnummer »All that Jazz« deutlich. Die dramatischen Kostüme und das geschickte Bühnenbild, wie hochkant hereinschwebenden Zimmer, runden schließlich das Show-Bild und die perfekte Illusion ab. »Skrupellos, zynisch und mordsmäßig sexy: Eines der erfolgreichsten Broadway-Musicals aller Zeiten ist erstmals am Theater Regensburg zu erleben.« So titelte es das Regensburger Theater und es ist wahrlich ein Erlebnis, das sich lohnt.      

Beitragstitelbild: Natascha Hill als Velma Kelly, Theater Regensburg Tanz; Foto: Jochen Quast

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