Ein Haus voller Kunst, Kultur und politischer Teilhabe – das Ribisl-Haus

Ein Haus voller Kunst, Kultur und politischer Teilhabe – das Ribisl-Haus

Im Ostenviertel von Regensburg entsteht ein neuer Kulturraum: Ein altes Haus, das Ribisl-Haus, wartet darauf, weiter belebt zu werden. Die Lautschrift hat für euch Johannes Kroeker getroffen, der das Haus aktuell organisiert und eine Werkstatt darin nutzt. Erfahrt in dem Interview, was es mit der Geschichte des Hauses auf sich hat, welche Projekte dort aktuell stattfinden und welche Zukunftsvision Johannes dafür hat.

Interview mit Johannes Kroeker geführt von Laura Kappes

Das Ribisl-Haus ist ohne Zweifel ein besonderer Ort in Regensburg. Bereits von der Straße aus fällt es auf: Über der Eingangstür hängt ein riesiges Plakat, das einen aufgerissenen Mund mit weißen Zahnreihen zeigt. Es scheint einem zuzurufen: »Wach auf! Du kannst etwas verändern. Tob dich aus!« Diese Nachricht passt zu der ehemaligen Verwendung des Ortes als »Malkampfzentrale« für die »Ribisl-Partie« von Jakob Friedl. Im Jahr 2019 hatte der stadtpolitisch interessierte Künstler die Wählervereinigung »Ribisl-Partie e.V.« gegründet. Auf ihrer Website benennen sie als Ziel sich »als soziales und politisches Kunstprojekt mit maximaler Selbstbeteiligungsmöglichkeit für Menschen [einzusetzen], die sich für Freiräume und selbstbestimmte Kunst und Kultur in Regensburg engagieren wollen.« Für die Kommunalwahlen im Frühjahr 2020 fasste die Partei das Vorhaben all ihre Wahlplakate individuell zu gestalten. Diese Aktion wurde als »Malkampf« bezeichnet. Das Ribisl-Haus wurde zu dieser Zeit nur als Lagerraum genutzt und bot viel Platz, was ihn zum perfekten Ort für eben jenen »Malkampf« machte und nach errungenem Sitz im Stadtrat zum Stadtratsbüro der Partei. Nachdem die »Ribisl-Partie« ihre Strukturen an andere Orte verlagerte, soll das Haus jetzt nach einer Ruhephase wiederbelebt und für Kunst- und Kulturprojekte verwendet werden. Ganz im Sinne der »Ribisl-Partie«: künstlerische Freiräume schaffen – und zwar für Alle.

An diesem Punkt kommt Johannes Kroeker ins Spiel: Der 22-jährige Holzbildhauer war nach seiner Ausbildung in Oberammergau ein Jahr unterwegs in Gemeinschaften in Portugal und Alaska und half beim Bau von Holzhäusern mit Stroh-Lehmwänden. Dann zog es ihn wieder nach Deutschland, genauer nach Regensburg. Neben der Bildhauerei legt Johannes noch elektronische Musik auf und arbeitet bei einem Steinbildhauer und in der Bühnentechnik. Seine Zukunftsvision ist es, aus dem Ribisl-Haus einen Raum für politische Gruppen, kleinere Feten, Konzerte, Vorträge, Filme-Abende und Workshops, sowie Ateliers und Werkstätten zu machen. Wir haben Johannes auf einen Kaffee im Ribisl-Haus getroffen.

Lautschrift: Was hat dich nach Regensburg und ins Ribisl-Haus geführt?

Johannes Kroeker: Nach meiner Zeit im Ausland war mein Bedürfnis, neue Kreise und Perspektiven kennenzulernen, erstmal gedeckt. Für mich war es an der Reihe irgendwo hinzukommen, wo bereits vorhandene Verbindungen gegossen und gepflegt werden können. Ich wollte schauen, was dort wachsen kann. Das war das erste Mal, dass ich nicht wegen einer konkreten Aufgabe oder Ausbildung wohin gekommen bin, sondern eher wegen des Ortes und den Leuten. Auf der Feier zum fünfzigsten Geburtstag von der Kinokneipe habe ich dann Jakob Friedl kennengelernt und wir sind ins Gespräch gekommen. Ich habe am Ende beiläufig gefragt, ob er einen Werkstattraum kennt, weil ich mit meiner Bildhauerei weitermachen möchte. Er erzählte daraufhin, dass er auch in Oberammergau seine Ausbildung gemacht hatte und einen Werkstattraum hat, den er gerade nicht nutzt und wo ich arbeiten könnte. Kurz dachte ich: Wo ist der Haken? Das klang fast zu perfekt, um wahr zu sein. Aber es kam dann so und ich richtete mir hier die Werkstatt ein. Theoretisch ist der Raum jedoch öffentlich zugänglich. Diese Möglichkeit war von Anfang an da. Praktisch kamen nicht so viele Menschen vorbei, um den Raum zu nutzen.

Was kann man in dem Haus aktuell machen?

Die Räumlichkeiten können unterschiedlich genutzt werden. Zum einen gibt es Räume, die als Atelier und Werkstatt genutzt werden können. Dann gibt es im Erdgeschoss den Schaufensterraum, der gut geeignet ist für Gruppentreffen, Vorträge, kleine Konzerte, Flohmarkt- sowie Kleidertausch-Aktionen und so weiter. Es gibt dort eine kleine Bühne und Küche plus Bar. Alle Aktionen müssen allerdings in einem privaten Rahmen stattfinden, da wir kein offizieller Veranstaltungsort sind.

Was sind die Pläne für die Zukunft des Ortes?

Im Grunde genommen möchte ich vom Prinzip her so weitermachen wie bisher. Also unter anderem schöne Konzerte veranstalten, die nicht den Rahmen von hundert Personen sprengen, oder verschiedenste Aktionen wie Workshops zu planen. Hier ist ein Ausprobieren möglich – im Rahmen des Hauses und auch unter Berücksichtigung der Wohngegend. Mir ist es wichtig, dass wir einen respektvollen Umgang mit der Nachbarschaft pflegen. Meine Wunschvorstellung ist, dass gar nicht wir, als Kollektiv oder Gruppe, die öfter hier ist, das ganze Programm liefern, sondern, dass es einfach ein Ort sein kann, wo mensch sagt: »Hey, ich habe gerade einen Film, den ich zeigen möchte, oder einen Workshop. Kann ich eure Räume nutzen?«. Das fände ich schön. Genau dafür ist der Ort geeignet. Er liegt zudem nah an der Innenstadt und ist dadurch leicht erreichbar.

Wie kann man hier Anschluss finden, wenn man den Ort mitgestalten möchte, oder eine Idee hat?

Man kann gerne auf uns zukommen oder sich per E-Mail melden. Da hinten gibt es zum Beispiel noch einen Raum [zeigt auf ein größeres Zimmer]. Wir suchen noch eine Person, die die Verantwortung dafür übernehmen will. Das könnte ein schöner Atelier-Raum sein. Bis jetzt waren immer die Plenen von kleineren politischen Gruppen [Anm. z.B. Sea Eye und End Fossil] drinnen. Jetzt haben wir unten einen Raum, in dem man sich als Gruppe treffen kann. Ich fände es sehr schön, wenn der Atelier-Raum von mehreren Personen genutzt werden kann, aber es trotzdem eine Person gäbe, die die Verantwortung trägt. Das könnte so aussehen, dass diese Person die Kontaktdaten von allen Nutzer:innen hat und somit den Überblick über Ablagen und Fächer in Regalen bewahrt, die von den verschiedenen Menschen genutzt werden können. Ich merke einfach, dass ich mit der Organisation der unteren Räume schon gut ausgelastet bin.

Generell möchte ich, dass hier etwas veranstaltet wird – gerne von vielen Menschen. Wenn der Raum belebt wird, ist es richtig schön. […]

Es ist mir jedoch bereits öfter passiert, dass Menschen bei einer Veranstaltung total begeistert von dem Ort sind und gerne mitmachen möchten, das Interesse aber schnell wieder abebbt oder die Menschen sich nicht mehr melden. Das ist natürlich schade. Es ist aber ohne Frage auch Arbeit. Wenn man zum Beispiel einen Open-Stage-Abend machen möchte, gibt es zwar den Raum, aber man muss sich unter anderem noch um den Aufbau oder die Getränke kümmern. Wenn Menschen auf so etwas Lust haben und gerne etwas beitragen möchten, dann sind sie herzlich willkommen und eingeladen.

Wie viele Leute gehören jetzt gerade zum Team?

Nicht so viele. Im Winter kam Chris, der eine Werkstatt gesucht hat. Wir haben zu zweit viel renoviert und hergerichtet, nachdem die Ribisl-Partie aus dem Haus rausgegangen ist. Wir haben zum Beispiel die Stromleitungen erneuert, eine Küche gebaut und ein paar Regale aufgestellt, damit wieder mehr Struktur und Ordnung geschaffen werden. Bei konkreten Events waren dann meistens mehr mit dabei, zum Beispiel Anna, die für die Bar zuständig war. Da waren wir eine Handvoll Leute. Als Kern aber sind wir drei bis vier Personen, die regelmäßig da sind: Flo, der auch beim Renovieren mitgeholfen und Sound beim Konzert gemischt hat, Chris und ich. Außerdem noch Felix, der gerade ein Atelier nutzt und malt. Ich habe gemerkt, dass es schwierig ist, alles allein im Kopf zu haben und zu organisieren und habe daher versucht, Stück für Stück Verantwortung zu übertragen.

Wie lange kann man in dem Haus noch arbeiten?

Am Anfang hieß es, dass man hier drei Monate bleiben kann. Jetzt kann das Haus bereits seit drei Jahren genutzt werden. Ich glaube, wir können hier noch eine Weile drin bleiben, aber es steht trotzdem immer die Frage im Raum: Wie lange geht das noch weiter? Man kann sich auf nichts Festes einstellen. Wenn ich jetzt ein Regal aufbaue, habe ich auch den Gedanken, dass es eher für kürzere Zeit halten muss. Es ist aber sowieso eine Besonderheit, dass der Raum von den Besitzer:innen aktuell quasi mietfrei zur Verfügung gestellt wird. Da haben wir wirklich Glück. Aber irgendwann wollen sie das Haus eventuell doch renovieren.

Bleibt das Haus, das Ribisl-Haus?

Das ist nicht sicher. Jetzt gerade ist es auf jeden Fall noch das Ribisl-Haus. Aber wenn wir hier jetzt Sachen veranstalten, könnte es anders werden, weil wir mit der Ribisl-Partie an sich nichts zu tun haben.

Wie geht es bei dir persönlich weiter?

Das ist eine gute Frage. Solange es sich für mich richtig und stimmig anfühlt, will ich noch hier sein und so viel reingeben, wie es mir guttut. Zwischendrin kann es sich etwas zäh anfühlen, so viel ehrenamtliche Arbeit in ein Projekt zu stecken. Und ich frage mich dann: Wo ist der Energieausgleich? Aber wenn mal Projekte oder Feste stattfinden und ich die neugierigen und wertschätzenden Blicke der Menschen sehe, dann ist es wieder richtig schön und wie Auftanken. Und jetzt wird es hoffentlich immer mehr belebt hier!

Infos:

Mail-Kontakt zum Mitmachen: kontakt@ribislhaus.de

»Ribisl-Partie«-Website: https://ribisl.org

Der Beitrag ist ein Repost aus der Ausgabe 35 der Lautschrift. Lesen Sie weitere Artikel der Ausgabe hier.

Beitragsbild: Foto von Elias Nunner

 

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