Feminis:muss: Brauchen wir für geflüchtete Frauen spezielle Projekte?

Feminis:muss: Brauchen wir für geflüchtete Frauen spezielle Projekte?

Frauensprachkurs, Frauenteestunde im AnKER-Zentrum, Fahrradkurs und verschiedene Sportangebote gibt es schon teilweise seit mehreren Jahren bei CampusAsyl. Im Interview heute soll es um zwei »neure« Austauschprojekte bei CampusAsyl gehen: WomenTogether und MotherSchools. Ein Interview mit Björn Reschke von der Geschäftsstelle von CampusAsyl.

von Lea Wöhl

Textfeld: Für alle, die CapusAsyl nicht kennen: Hier eine kurze Beschreibung. 
Bei CampusAsyl, einem Regensburger Verein, werden viefältige Projekte durchgeführt, die  die Gesellschaft aktiv mitgestaltet. Dabei soll auch gleichberechtigte Teilhabe für Menschen jeglicher Herkunft durch praktisches Handeln und zugleich politische Positionierung erfolgen. In über 20 Gruppen mit einer breiten Palette an Aktivitäten können sich Menschen verschiedenster Hintergründe begegnen und einbringen.
(Quelle: https://www.campus-asyl.de/)

Was machen die Projekte und wann und warum wurden Sie ins Leben gerufen?

WomenTogether 

Das Projekt WomenTogether begann letztes Jahr und ist auf drei Jahre angesetzt. Der Gedanke dahinter ist es, Raum zu schaffen, in dem geflüchtete Frauen miteinander in einen Austausch kommen. 

Es geht also um eine Art »Safe Space« für Frauen mit Fluchterfahrung?

Genau, in diesem »Safe Space« können alle Themen besprochen werden, die für ihre Lebenswelt Relevanz besitzen und durch die jeweilige Projektleitung, werden die Themen aufbereitet und von den Teilnehmenden mit Leben gefüllt. Wichtig dabei sind flache Hierarchien und ein Austausch auf Augenhöhe sowie die aktive Mitgestaltung durch die Teilnehmenden. Das heißt konkret: Die Gruppe entscheidet, in welche Richtung die Themen gehen, wo sie Schwerpunkte setzten möchten – je nachdem, was sie damit verbinden. 

Wie läuft das Projekt genau ab und was wäre ein Beispiel für ein solches Thema?

Jeder Kurs findet immer zu einem größeren Thema statt. Ein Beispiel für ein solches Thema wäre: »Meine Werte – Deine Werte«. Ein solches Thema wird dann über mehrere Monate, aus unterschiedlichen Zugängen besprochen: mit externen Referent:innen, praktischen Erfahrungen, Ausflügen oder künstlerischen Zugängen. Nach der Teilnahme an dem Kurs hat sich dann ein regelmäßiger Austausch, wie eine Art Stammtisch unter den Frauen, entwickelt. 

Der Empowerment-Gedanke spielt eine wichtige Rolle und kann auch dadurch wirksam werden, dass die Frauen an unterschiedlichen Stellen im Leben stehen und durch die Erfahrungen der Anderen. Vielleicht auch durch die aktuelle Projektleitung selbst, die selbst Fluchterfahrung hat. 

Wie geht es weiter? 

Das Projekt wir grundsätzlich durch die jeweilige Projektleitung und ihre Ideen geprägt. Im Moment werden auch die Weiterentwicklungsideen für das Projekt in den Folgeantrag für das Projekt eingearbeitet.  

MotherSchools

Die Idee von WomenWithoutBorders

Eine internationale Nonprofit-Organisation. Seit 2011 ist das Ziel, Frauen bei der Entfaltung ihrer Talente zu unterstützen, die Resilienz der Einzelnen durch den Whole-Of-Community-Ansatz  zu stärken und wirkungsvolle Geschichten in die Welt zu bringen und so mehr Repräsentation zu erreichen. Das alles steht unter dem Dach der friedensstiftenden Strategien.  

Die Organisation WomenWithoutBorders (WwB) ist an den Verein herangetreten. »MotherSchools: Parenting for Peace« ist ein Projekt von WomenWithoutBorders, welches auch schon in verschiedenen Ländern realisiert wurde. 

 Was sind die Themen und wie läuft das Projekt ab? 

In den zehn-wöchigen Workshops sollen Erziehungskompetenzen gestärkt werden. Am Ende werden die Teilnehmer:innen graduiert. Ein wichtiger Teil und Grundidee der »MotherSchools: Parenting for Peace« ist die Radikalisierungsprävention.

In den zehn-wöchigen Workshops der MotherSchools lernen Mütter, in ihren Familien und Gemeinschaften aufmerksam zu sein und gemeinsam Schritte gegen Radikalisierung zu setzen. (Quelle: »Motherschools: Parenting for Peace« von Frauen ohne Grenzen (FOG Wien))

Wichtig ist uns bei CampusAsyl aber, dass es nicht darauf reduziert wird, sondern, dass es generell auch hier einen Safe Space zu schaffen gilt. Der Austausch ist auch in diesem Projekt ein zentraler Schwerpunkt. Themen, die viele Frauen beschäftigen, sind beispielsweise das Aufwachsen und die Erziehung der Kinder zwischen Kulturen oder Welten. 

Und was ist mit den Vätern oder anderen erziehungsberechtigten Personen? 

Sogenannte FatherSchools sind in Planung – hier dazu das offizielle Statement: Um den Fokus auf das familiäre Umfeld weiter zu verstärken, werden auch zunehmend die Väter in das Projektkonzept integriert. In Aschaffenburg und Erlenbach am Main starteten daher 2019 die »FatherSchools: Men included in Parenting for Peace« (Quelle: »Motherschools: Parenting for Peace« von Frauen ohne Grenzen (FOG Wien))

Wie sieht es mit Frauen ohne Fluchterfahrung und dem Safe Space aus? 

Der Schutzraum ist bei MotherSchools essenziel, deswegen kann man auch nicht einfach vorbeikommen. Eine Anmeldung zu dem Kurs erfolgt über die Zentrale von WomenWithoutBorders, welche ihren Sitz in Wien hat. Ansonsten ist auch Austausch mit Frauen ohne Fluchterfahrung erwünscht, ganz unter dem Motto Women Support Women

Vielleicht eine dumme Frage, aber ich möchte sie trotzdem stellen: Warum ist Frauenförderung wichtig? Welche Rolle spielt Patriarchat? Vorurteile?

Grundsätzlich gibt es zwei Schwerpunkte des Vereins CampusAsyl zur Unterstützung von Menschen mit Fluchterfahrung zur gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe: 

Textfeld: Stichwort Intersektionalität = überschneidende und miteinander zusammenhängende Potenziale für Diskriminierung und soziale Benachteiligung.

Das eine ist der Bildungsbereich und der andere die Frauenförderung. Warum es wichtig ist, dass es spezielle Frauenförderungsprojekte für Frauen mit Fluchterfahrungen gibt, sind die Mehrfachdiskriminierungen im Integrationsprozess. Ein zweiter Grund sind die patriarchalen Strukturen, denen wir einen Safe Space entgegensetzen möchten. Die Erfahrung zeigt sich beispielsweise bei Sportangeboten, wo kaum Frauen mit Fluchthintergrund bei gemischten Sportkursen teilnehmen, allerdings sieht das im Schutzraum von weiblichen Sportangeboten anders aus.  

Stichwort Zukunft: Welche Veränderung wünscht du dir für die Gesellschaft?

Sichtbarkeit von Frauen in der gesellschaftlichen Wahrnehmung. 

Das ist doch ein wunderbares Schlusswort und fast nichts mehr hinzuzusetzen. Ich finde es wahnsinnig wichtig, dass es diese Projekte gibt.  

Beitragsbild: © Joshua Hoehne | Unsplash

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