Warum DU zur Wahl gehen solltest!

Warum DU zur Wahl gehen solltest!

Überall hängen die Plakate, in Fernsehen und Internet laufen seit Wochen die Wahlwerbespots der Parteien und selbst bekannte YouTuber machen Werbung mit EU-Hoodies. Wohl noch nie wurde eine Europa-Wahl so stark beworben wie 2019. Und das aus gutem Grund: Die Beteiligung von unter 50 Prozent bei den letzten Wahlen zum Europa-Parlament 2014 war ein Debakel für die EU. Und gerade jetzt in Zeiten von Brexit, einer Lagerbildung innerhalb der Union, einem Erstarken rechtspopulistischer Parteien in fast allen Mitgliedsstaaten sowie ungelöste Themen wie Zuwanderung, Umwelt und Sicherheitspolitik brauchen die Abgeordneten für die kommenden fünf Jahr eine breitere Legitimationsbasis. Und auch wir von der Lautschrift-Redaktion können nur eines sagen: Geht zur Wahl! Deshalb haben wir für Euch die wichtigsten aktuellen Brennpunkte in EU zusammengestellt, über die Ihr am Sonntag mitentscheiden könnt!

Von Lotte Nachtmann

 

Macht kaputt, was die EU kaputt macht

Ob die britische UKIP, die ungarische Fidesz, die polnische PiS, der französische Rassemblement national, die Alternative für Deutschland, die österreichische FPÖ oder die italienische Lega. Überall sitzen populistische, EU-skeptische oder sogar rechte Parteien in den Parlamenten der Mitgliedsstaaten, wenn nicht sogar in ihren Regierungen. Und noch viel besorgniserregender: sie sitzen auch zahlreich im jetzigen Parlament der EU, die sie so erbittert zu bekämpfen versuchen. So sind sie nicht nur dabei, die Gesellschaften in ihren eigenen Ländern zu spalten. Die Rechtspopulisten um Rädelsführer Nigel Farage und co. versuchen im Abgeordneten-Haus der EU selbst Stimmung und Diskussionen zu vergiften. Wer auch nur ansatzweise hinter der europäischen Idee steht, sollte erkennen, dass er mit seiner Stimme bei den Europawahlen dazu beitragen sollte, diesen Parteien den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Weckruf Brexit

Und gerade weil diese EU-Skeptiker fast überall immer stärker werden, bröckelt auch die Basis der EU an allen Ecken und Kanten. Der einstige Traum eines europäischen Bundesstaates scheint ferner denn je in Zeiten, in denen vor allem die kleinen und jüngeren EU-Staaten mehr Autonomie und Mitbestimmung fordern. Und da muss sich auch Deutschland zusammen mit seinem fast ehelichen Partner Frankreich an die eigene Nase fassen. Die EU besteht eben nicht aus zwei, sondern aus 28 Nationen. Beziehungsweise bald dann ja nur noch 27, wenn die Briten sich endlich mal entscheiden können, wann, wie oder ob sie überhaupt noch aussteigen wollen. So traurig dieses Scheitern des europäischen Gedankens in Großbritannien auch ist, zumindest zeigen die verbleibenden Mitglieder der Union hier in einem Punkt Einigkeit: dieses ewige Hin und Her muss ein Ende haben. Der ganze Brexit sollte aber auch als Weckruf interpretiert werden und gerade die jungen europabegeisterten Menschen an die Wahlurnen locken, was beim Brexit-Referendum nicht so gut funktioniert, wie erhofft.

Das Problem Migration löst sich nicht von selbst

Ob man jetzt für oder gegen die Zuwanderung von Flüchtlingen, deren Strom über das Mittelmeer auch diesen Sommer nicht abklingt wird, ist … so wie die Situation im Moment geregelt wird, oder eben nicht geregelt wird, kann es nicht weitergehen. Seit bald nun vier Jahren streitet sich nicht nur die Bundesregierung intern und mit den anderen Parteien, sondern werden sich auch die EU-Staaten nicht darüber einig, wie man das nur allzu menschliche Phänomen der Migration handhaben soll. Die größten Knackpunkte bleiben die Themen Quoten zur Aufteilung von Flüchtlingen auf die Mitgliedstaaten, private Seenotrettung, Schutz der EU-Außengrenze sowie der Umgang mit Wirtschaftsflüchtlingen. Solange immer noch Menschen vor den Toren Europas im Mittelmeer ertrinken, solange bleibt dieses Thema auch aktuell und leider auch spaltend für die Union. Ein Grund mehr mitzureden und diese Diskurse nicht den Rechten im EU-Parlament zu überlassen.

Die Hand des großen Bruders USA loslassen

Unser orangener Freund aus den USA kann noch so häufig betonen, dass die NATO immer noch eines der wichtigsten internationalen Bündnisse sei und man nur über die Finanzierung sprechen müsse. Letztlich wissen wir doch alle: Trump braucht Europa nicht und letztlich interessiert er sich auch nicht dafür. Gewiss, auch seine Ära geht vorbei und es wird wieder jemand ins Weiße Haus einziehen, der sich nicht am Morgen überlegt, welche binationalen Beziehungen er am Nachmittag aufkündigt. Doch auch schon unter Obama und mit dem immer stärker werdenden China ist klar geworden: Weder politisch noch wirtschaftlich werden die USA die einzige dominierende Supermacht bleiben. Gerade für die EU und Deutschland bedeutet das auch, ihre Sicherheits- und Verteidigungsstrategien zu überdenken, wenn der große Bruder USA nicht mehr bei jedem Konflikt die schützende Hand ausstreckt. Da wäre es vielleicht gar nicht so unklug, nach über 60 Jahren gemeinsamer europäischer Geschichte über die Ideen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron zu einer eigenen EU-Armee nachzudenken. Vielleicht würde die EU dann im Kreise der internationalen Großmächte auch endlich nicht mehr nur belächelt werden.

Geld regiert die Welt und auch die EU

Ob Haushaltsdefizite (Italien ist da bei weitem nicht das einzige Sorgenkind), Abgaben für Banken, Steuern oder die Angleichung von Sozialleistungen: Die Geldfrage findet sich in allen Bereichen der EU-Politik und wird dort in quasi 99 Prozent der Fälle zur Streitfrage. All diese Finanzfragen dürften den bei Geldfragen mittelmäßig genervten bis latent aggressiven Durchschnittsstudierenden nur wenig begeistern. Aber sie sollten uns dennoch interessieren. Gerade die Frage nach der einer Angleichung der verschiedenen nationalen Sozialversicherungssysteme ist für den kosmopolitisch eingestellten, reisewütigen Studenten gar nicht so unwichtig. Wir sagen nur: Job im EU-Ausland. Außerdem kann keinem daran gelegen sein, ein neues Griechenland-Euro-Debakel zu erleben oder mit anzusehen, wie die Banken und Großkonzerne sich dank fehlender einheitlicher Regeln immer mehr bereichern.

This Sunday for future

Die Schüler haben es uns Studierenden vorgemacht, wie es geht, für eine verantwortungsbewusste Umweltpolitik einzustehen. Viele von ihnen dürfen allerdings am Sonntag noch keinen Stimmzettel abgeben (Europa-Wahl ab 16 ist übrigens auch ein Wahlkampfthema). Deshalb sollten wir politisch halbwegs Mündige das für sie tun. Und gerade in Anbetracht ignoranter Klimawandel-Leugner im Weißen Haus und einer halbherzigen Regierung in Peking, die nur dann Umweltziele verfolgt, wenn diese nicht der aufstrebenden Wirtschaft schaden, muss eine EU zusammenstehen. Da reicht es nicht, wenn das eine Land aus der Atomenergie aussteigt, während der Nachbar weiterhin marode Kernkraftwerke betreibt, die jede Minute drohen auseinander zu fallen. Und da reicht es auch nicht, Klimaziele zu verabschieden, an die sich keiner (ja auch die Bundesrepublik) nicht halten, oder CO2-Zertifikate einzuführen, mit denen dann halb öffentlich gehandelt wird. Und genau das sollte diejenigen im EU-Parlament, die Umweltpolitik nur für links-versiffte Öko-Propaganda halten, mit dieser Wahl gezeigt werden.

Vielleicht hat Macron ja doch Recht

Schon zweimal ist der so für Europa engagierte (in seinem eigenen Land allerdings maßlos überforderte) französische Präsident Macron nun schon vorgeprescht: ein Europa mit zwei Geschwindigkeiten, Rücksichtnahme auf die kleinen Staaten, ein neues Entscheidungssystem innerhalb der Institutionen, eine europäische Armee für mehr außenpolitische Stärke. Alles zumindest Ideen, die man mal diskutieren sollte. Nur leider wurden Macrons Vorschläge zur Reform der EU von allen Seiten ignoriert oder direkt niedergemacht. Dabei sollte doch jeden, der sich nur einen Tag lang die beschwerlichen und nervenaufreibenden administrativen Abläufe in Brüssel und Straßburg ansieht auffallen, dass die EU in einer starken Midlife-Crisis steckt. Nur strukturelle Veränderungen können der Staatengemeinschaft aus ihrer tiefen Glaubwürdigkeitskrise helfen. Und wir EU-Bürger wären schön blöd, wenn wir da nicht auch mit unserer Wahlbeteiligung das Ruder selbst in die Hand nehmen würden. Denn ist es nicht eigentlich das schlimmste an der ganzen EU-Debatte unserer Zeit, dass diese von Meckerern geführt wird, die das Konzept verwerfen wollen oder eben gar nicht erst zur Wahl gehen.

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