Von namenlosen Katzen und unruhigen Nachbarn

Von namenlosen Katzen und unruhigen Nachbarn

»Ein Auslandsjahr ist ja so bereichernd!«, höre ich immer wieder. Das kann ich auch nicht leugnen, ganz im Gegenteil. Aber natürlich kommt ein solch langer Aufenthalt nicht ohne ein paar seltsame Erlebnisse aus und vielleicht sind es gerade diese Dinge, die für immer im Gedächtnis bleiben.

Von Selina Roos

 

Für unseren Umzug nach Frankreich im September letzten Jahres beschlossen meine Kommilitonin Marie und ich, zusammen eine WG zu gründen und hatten bei der Wohnungssuche in Nizza sogar ziemlich viel Glück. Eine nette Altbauwohnung in einem Gebäude mit sechs Parteien, zehn Gehminuten von der berühmten Promenade entfernt, sollte für die nächsten zwei Semester unser Zuhause sein.

Ja – ein Altbau. All jene, die schon einmal in einem dieser Gebäude mit Pappwänden gelebt haben, wissen, was das bedeutet. Es bedeutet, den Alltag mit all seinen Nachbarn zu teilen. Es bedeutet, immer zu wissen, wann die Nachbarn von nebenan im Bad sind, an den (oft befremdlichen) Geräuschen zu erkennen, wer dort gerade duscht und von ihrem Lärm morgens um sieben brutal aus dem Schlaf gerissen zu werden. Es bedeutet, selbst bei geschlossenem Fenster zu wissen, wann das Nachbarskind Camille – anscheinend ein Junge – zum Essen ins Haus gerufen wird und zu hören, wie die nervenaufreibenden »wuuuuuusch«-Geräusche seines Laserschwerts die laue Nachmittagsluft zerschneiden. Es bedeutet auch, mitzuerleben, wie unsere Deckenlampe im Wohnzimmer bedenklich schaukelt, weil die Nachbarin über uns ihre Stepaerobic-Übungen macht. Nicht gerade entspannend, wenn man gerade den Abend auf dem Sofa ausklingen lassen möchte.

Allerdings wirft dieses enge Zusammenleben auch viele Fragen auf. Zum Beispiel die Frage nach dem Namen des kleinen roten Katers unserer Nachbarn von nebenan. Ein unglaublich süßes Geschöpf, das man am liebsten immerzu knuddeln, füttern und mit Kosenamen überhäufen möchte. Unsere Nachbarn hingegen, ein Ehepaar mittleren Alters, schienen dagegen immun zu sein – zumindest gegen den Teil mit den Namen. Wie wir durch unsere dünne Badezimmerwand hören konnten, war der kleine Kater immer »le chat«, die Katze. Dann hieß es immer: »Oh, die Katze. Was will die Katze denn schon wieder?«. Marie und ich waren schockiert – uns als Katzenfreunden erschien es unvorstellbar, seinen tierischen Familienmitgliedern einfach einen Namen zu verwehren. Wir benannten ja sogar unsere WG-Pflanze, Weihnachtsstern Frieda, die wir Ende November im Supermarkt erstanden. Daher war Marie drauf und dran, den kleinen Kater zu seinem eigenen Wohl zu entführen und ihm natürlich einen Namen zu geben – Cäsar oder Romeo.

Und dann waren da auch noch die gelegentlichen Stromausfälle, die natürlich immer zu den ungelegensten Zeitpunkten auftraten und uns vor kleinere oder auch größere Herausforderungen stellten. Doch dazu ein andermal mehr. Nächste Woche berichtet euch Kati wieder von ihren WG-Erlebnissen.

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