Take me away

Take me away

»Zu viel Ungewissheit und Gefahr – Die lauert hinter jeder Mauer, hinter jedem Felsvorsprung. Wär ich ein Held in meinem eigenen kleinen Abenteuer, wüsste ich genauer wo ich hin soll, wo ich hin will …«

von Hannah Eder

1

Wenn ich hier so sitze

und diese Zeilen schreibe,

dann wünsch ich mir, dass jemand kurz

an meine Fensterscheibe

klopft und mich mit sich

auf ein Abenteuer nimmt.

Einfach mal die Zeit vergessen,

den Alltag zurücklassen,

sich nicht mehr hetzen.

Über Bergwiesen stromern und Gipfel erklimmen,

dunkle Täler durchwandern, um die Sonne zu finden,

Bäche durchschreiten und Flüsse bezwingen,

sich im Wind treiben lassen, sich in den Himmel schwingen,

mit den Vögeln zu fliegen und den Walen zu singen …

Aber das klingt doch zu schön, um wahr zu sein.

In Wahrheit bleib ich doch daheim,

denn, Abenteuer könnten ja auch unbequem sein.

Mich an meine Grenzen führen,

mir Dinge zeigen, die mich zu stark berühren,

die mich überfordern,

die mir fremd sind – unbekannt.

Die ich nicht verstehen kann.

Da überwiegt dann doch die Angst

und ich mach den Vorhang zu.

2

Wenn ich hier so sitze

und diese Zeilen schreibe,

dann wünsch ich mir, dass jemand kurz

an meine Fensterscheibe

klopft und mich mit sich

auf ein Abenteuer nimmt.

»Denn ganz bestimmt

wartet dort draußen Großes auf mich«,

denke ich mir jeden Tag.

Zumindest, wenn ich mich grad richtig mag.

An all den anderen Tagen

trau ich mich gar nicht zu fragen.

Zu viel Ungewissheit und Gefahr –

Die lauert hinter jeder Mauer, hinter jedem Felsvorsprung.

Wär ich ein Held in meinem eigenen kleinen Abenteuer, wüsste ich genauer

wo ich hin soll, wo ich hin will …

Aber man könnte ja in Fettnäpfchen treten,

oder jemandem begegnen,

der einem den Spiegel vorhält und zeigt,

dass man eigentlich nicht genügt für das

was man sich in den Kopf setzt.

Aber hat das schonmal jemand dem Helden gesagt?

Du bist nicht genug? Du kannst das nicht?

Nein.

Das sagt er immer schön sich selbst.

3

Wenn ich hier so sitze

und diese Zeilen schreibe,

dann wünsch ich mir, dass jemand kurz

an meine Fensterscheibe

klopft und mich mit sich

auf ein Abenteuer nimmt.

Rausreißen soll es mich aus meiner schmalen Spur,

die ich tagtäglich fahre,

auf der ich meine Bahnen ziehe,

wie ein olympischer Schwimmer in Rekordzeit das Wasser beiseite schiebe –

Aber ich bin nicht der Held,

vielmehr das Ungeheuer,

das mit sich selbst in einer dunklen Höhle haust,

das an sich nagt, an sich zweifelt,

sich vor lauter Eitelkeit in Einsamkeit zurückzieht,

das auf dem größten Schatz der Welt sitzt – ohne es zu wissen,

nur dem Gold nachjagt, ohne all das zu vermissen,

was es außer Reichtum sonst noch gibt.

Gesellschaft, Freundschaft, Leidenschaft

das ist es doch, wonach es zu jagen lohnt.

Nimm mich mit du, der an meine Fensterscheibe klopft!

Reiß mich mit, begeister mich!

Lass mich das Leben leben, das ich verdiene!

Lass mich das Leben leben, das ich mir selbst verbiete!

Und zeig mir, was da draußen auf mich wartet!

4

Wenn ich hier so sitze

und diese Zeilen schreibe,

dann wünsch ich mir, dass jemand kurz

an meine Fensterscheibe

klopft und mich mit sich

auf ein Abenteuer nimmt.

Aber wen ich dort im Fenster sehe,

Das bin nur ich.

Kein Fremder, der mir die Wege

zeigt, die mir noch offenstehen.

Nur ich,

wie ich mich, in diesem Spiegel erkenne,

wie ich allein aus der Enge

dieses Zimmers entfliehen will.

Mit meinen Worten.

Zeit, sich mit mir selbst zu versöhnen

und sich an mich selbst zu gewöhnen!

Deshalb klopf ich jetzt ans Fenster

und ich reich mir selbst die Hand

»Komm«, sag ich,

»Ich nehm mich mit!

Und wir ziehen zusamm‘ durchs Land.«

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