Weezers »SZNZ« – Was mag der Winter bringen?

Weezers »SZNZ« – Was mag der Winter bringen?

Mit dem neuen Album »SZNZ« greifen Weezer eine schon beinahe vergessene Kunst auf und setzen ihren eigenen Stempel darauf: Das mehrteilige Konzeptalbum. Über das Jahr verteilt erscheinen vier Alben für vier Jahreszeiten. Ob nun Hommage oder Parodie, die vier College-Rocker aus LA stellen sich neben Vivaldi und machen das auch musikalisch deutlich.

von Helge Wittenberg

Wer Weezer nicht kennt, kennt vermutlich trotzdem ihren international erfolgreichsten Hit »Island in the Sun« oder hat beim Anhören einen kleinen AHA-Moment. Die Band um Frontmann Rivers Cuomo steht seit beinahe dreißig Jahren auf den Bühnen von Los Angeles, Kalifornien und der Welt. Ihr Debütalbum »Weezer« mit der Single »Buddy Holly« brachte ihnen 1994 den Durchbruch und in den USA Triple-Platin. Auch die späteren Alben, darunter fünf weitere mit Namen »Weezer«, erreichten hohe Platzierungen in den US-Charts, blieben aber international auf niedrigeren Rängen.

Weezer auf dem Cover ihres Debütalbums

In Weezers Werken lässt sich immer wieder erkennen, dass Cuomo anfangs versuchte Popmusik und Heavy Metal zu vereinen. In manchen Songs, wie »Say It Ain´t So«, funktioniert das auch gut. Manchmal hat man als Zuhörer*in aber auch das Gefühl, die Band leide unter starken Stimmungsschwankungen, da sich auf einem Album ruhige Stücke, sommerliches Trällern und harter Rock abwechseln.

Durch alle Alben bleiben sich Weezer jedoch in einem treu: Sich und andere nicht zu ernst zu nehmen. Wer sich einmal das Hintergrundvideo von »Buddy Holly« auf Spotify anschaut, weiß, was ich damit meine. Die Diskussion darüber wurde 2021 nach der Veröffentlichung von »Van Weezer« von der Presse im Negativen aufgegriffen. Das Album, vielen lauten Stimmen nach mehr schwache Parodie als Hommage an den Hard Rock der Achtziger, enttäuschte die nach dem starken Vorgänger »OK Human« hohen Erwartungen der Kritiker*innen. Teilweise zu Unrecht, denn das Album, mit geballter Power und frischem Sound, macht einfach Spaß.

Jetzt sind wir fast am heutigen Tag angekommen, denn »Van Weezer« ist das letzte Album vor »SZNZ«. Die Erwartungen in der Fachpresse waren also nicht besonders hoch, als die Ankündigung eines neuen Albums kam. Nachdem die Kalifornier sich mit Van Halen gleichsetzten, wollten sie nun noch ein Stück höher hinaus. Es geht an Vivaldi und seine vier Jahreszeiten, die nicht nur im Titel des Albums erwähnt werden.

Das erste Album »SZNZ:Spring«, erschienen zur Tag- und Nachtgleiche am 20. März 2022, greift mit »Opening Night« sofort das Thema aus Vivaldis Frühling auf. Das fröhlich leichte Gefühl, das dieser Song vermittelt zieht sich durch das Album und Weezer zeigen sich von ihrer besten Popmusiker-Seite. Meine persönlichen Favoriten sind hier »The Sound of Drums« und »All This Love«. »Wild At Heart« rundet das Album ab und gibt gleichzeitig eine gute Überleitung zum Sommer. Stärkere Verzerrung und ein Abschlussriff mit Metallica-Vibe geben eine kleine Geschmacksprobe davon, wie »SZNZ: Summer« (erschienen zur Sommersonnenwende) werden könnte.

In diesem zweiten Album wird die Überleitung vervollständigt, indem der Klang dem Frühling wieder ein wenig entgegengeht. Der Beginn von »Lawn Chair« ist ruhig und begleitet von Streichern. Hier wird wieder ein Thema von Vivaldi genutzt. Klar: Der Sommer, denkst du jetzt vielleicht, aber Fehlanzeige. Stattdessen kommt hier Vivaldis Winter ins Spiel, scheinbar ein halbes Jahr zu früh. Klassisches Weezer-Chaos. In der Mitte des Songs kommt jedoch der Cut. Der Sommer mit seinem starken, energievollen Stil wird eingeläutet.

Cover von »SZNZ: Summer«

Nach dem ersten echten Sommertag im ersten Song behält das Album die Stimmung bei und ist dann vor allem eins: Episch. Refrains mit viel Kraft, Gitarrensoli und dominantes Schlagzeug lassen mich wünschen, dieses Album Live zu hören, die nötige Power, um eine Konzerthalle zum Beben zu bringen ist auf jeden Fall da. Im Laufe des Albums entwickelt sich der Sound schon düsterer. Der Spätsommer bringt mit der Bridge in »Cuomoville« noch ganz andere Töne in die »SZNZ« und verwandelt den lockeren, freien Song durch Elemente aus modernem Hard Rock in einen Anfang vom Ende des Sommers.

Der Herbst wird unerwartet eröffnet: »Can´t Dance, Don´t Ask me« ist entspannt, vermittelt fast wieder Frühlingsgefühle. Anschließend ist das Stimmungswetter aber herbstlich durchwachsen, Experimente mit verschiedenen Sounds (moderne Beats und Popmelodien werden gemischt mit satten Gitarrenklängen) und dunkle, fast melancholische Stimmung bestimmen dieses Album. Auch hier wird wieder Vivaldis Winter aufgegriffen, diesmal in Form eines Streicher Samples des wohl bekanntesten Themas in »Tastes Like Pain«, das Weltuntergangsstimmung wie während eines brutalen Herbststurms vermittelt.

Cover von »SZNZ: Autumn«

Nach der Entwicklung vom ruhigen Frühling über den kraftvollen Sommer hin zu diesem unentschlossenen Herbst bleibt vollkommen offen, ob dieses vierteilige Album im Winter ein Happy End bekommt, oder dem Beispiel der griechischen Tragödie folgend in die Katastrophe führt. Für die beiden Engel, die in den Texten beschrieben werden, wäre sicherlich ersteres die bessere Option.

Ich wünsche mir allerdings eher das Chaos, die Eskalation. Das würde bedeuten, dass musikalisch alles erlaubt ist und Cuomo und seine Bandkollegen all ihre verrückten Ideen (von denen sie reichlich haben) in musikalische Form bringen können. Ein Album dieser Art würde sicherlich einige spezielle, aber herausragende Songs hervorbringen, die in einer Zeit der Assimilation in der Pop-Rock-Musik dringend benötigt werden.

Fraglich ist auch, wie winterlich der Winter wird. Nachdem in Sommer und Herbst bereits die Themen aus »L´Inverno« verwendet wurden, könnte Verschiedenes auf uns zukommen. Aber was auch immer es wird, ich freue mich auf den Abschluss des Albums zur Wintersonnenwende am 21. Dezember. Ein gut zusammenhängendes, mehrteiliges Album, das eine erkennbare, interessante Entwicklung und zugleich gute Musik liefert, gab es lange nicht. Allein dadurch gewinnen Weezer mich als Hörer für ihr großes Finale.

Songlinks

Island In The Sun:

All This Love:

Cuomoville:

Tastes Like Pain:

Künstlerwebsite: https://weezer.com/

Bildquellen

Titelbild: https://i.ytimg.com/vi/A4E4MxoiaM4/maxresdefault.jpg

Beitragsbild: https://i.ytimg.com/vi/A4E4MxoiaM4/maxresdefault.jpg

SZNZ: Summer: https://media1.jpc.de/image/w468/front/0/0075678634321.jpg

SZNZ: Autumn: https://media1.jpc.de/image/w600/front/0/0075678634338.jpg

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert