Wohnsinn-Kolumne: Der etwas andere weiße Staub

Wohnsinn-Kolumne: Der etwas andere weiße Staub

Daran dass sich bei Fitness-Freaks in bestimmten Ecken Hanteln, Yoga-Matten und Eisweißshake-Flaschen stapeln, hat man sich inzwischen ja gewöhnt. So manches Sportequipment nimmt aber nicht nur eine Ecke, sondern die ganze Wohnung ein. Ein Wohnsinn über das Leben mit weißem Staub.

von Lotte Nachtmann

In einer der vorherigen Kolumnen hatte ich ja schon erzählt, dass ich mich für die Coronakrisen-Zeit bei meinem Freund einquartiert habe, zwecks Nicht-Vereinsamung. (Inzwischen bin ich übrigens wieder zurück in meine WG und zu meiner Mitbewohnerin Marie gezogen.) Aber zurück zum weißem Staub. Welche Sportart produziert nur diesen weißen Staub? Und nein: Kampf-Koksen ist es nicht.

Wenn Wände-Hochklettern fehlt

Mein Freund ist Freizeitboulderer und -kletterer und hat mich inzwischen auch mit diesem komischen »Wände-Hochklettern« angesteckt. Wie viele andere Sportbegeisterte leiden auch wir im Moment unter geschlossenen Boulder- und Kletterhallen, zumal noch nicht klar ist, wann wir unser Hobby wieder ausüben können. Denn nichts anzufassen könnte sich beim Bouldern durchaus als ein schwieriges Unterfangen herausstellen. Versteht mich nicht falsch: Es ist super, dass inzwischen manche halbwegs kontaktfreie Sportarten wie Tennis, Schwimmen oder Leichtathletik wieder möglich sind oder bald sein werden. Und es ist auch vollkommen verständlich und verantwortungsbewusst, dass eben andere, bei denen das Infektionsrisiko nun einmal größer ist, noch warten müssen. Aber wenn etwas, das man sonst ein- bis zweimal in der Woche mit Freude gemacht hat, wegfällt, findet man das irgendwann nicht mehr ganz so witzig.

Was hat das ganze jetzt mit der Wohnsinn-Kolumne zu tun, fragt Ihr Euch sicher. Glücklicherweise waren wir zwei Boulder-Freaks, bisher nicht völlig verloren. Mein Freund hat sich in der Abstellkammer seiner Dachgeschoss-Wohnung eine Art Boulder-Trainingsgrotte eingerichtet, auch wenn ich es eher als Folterkammer bezeichnen würde. Die Ausstattung besteht aus einem Campusboard an der Schräge mit circa zwei Zentimeter tiefen Holzleisten, an denen man sich unter Qualen hochzieht und seine Oberarme zerstört. Das andere ist ein Hangboard, aka. das Ende meiner Unterarme und Finger, an das man sich basically nur dranhängt. Problem ist nur, dass die verschiedensten Mulden und Löcher nicht unbedingt viel Platz bieten, um seine Finger unterzubringen. Aber was tut man nicht alles, um Griff- und Zugkraft nicht völlig zu verlieren. Alle, die so gar kein Verständnis dafür aufbringen können, warum man sich allein Kraft seiner Arme irgendwo hochziehen sollte, möchte ich jetzt auch gar nicht weiter mit unseren Trainingsplänen auf die Nerven gehen.

Es ist überall

Was man aber auf jeden Fall für diese Folterübungen braucht, ist dieser besagte Staub. Die Rede ist von Chalk. Dieses weiße Pulver, auch Magnesia genannt, das viele vermutlich mit schmerzlichen Erinnerungen an Turnunterricht in der Schule verbinden. Ja und was soll ich sagen? Das Zeug ist überall!!! Selbst, wenn man in der Halle bouldert, und sein Chalk in einer Chalk-Bag und dann noch extra in einer Plastiktüte verstaut, findet man das weiße Pulver in jeder Ecke des Rucksacks. Und die vollgechalkten Klamotten wandern sofort in den Wäschekorb, da man sonst Gefahr läuft, eine weiße Spur in  seiner Wohnung zu hinterlassen. Wenn man nun aber zu Hause trainiert und nicht das meiste Chalk ohnehin in der Boulderhalle lässt, tja, dann wird der weiße Staub zu Deinem stetigen Begleiter. Er legt sich auf alle Oberflächen (besonders die schwarze Ledercouch von meinem Freund direkt neben der Kammer) und man müsste eigentlich jeden Tag Staubwischen. Denn selbst, wenn man nicht jeden Tag trainiert und die Tür zur Kammer immer geschlossen hält, … es ist trotzdem überall. Liquid Chalk schafft zwar ein bisschen Abhilfe, da es nicht von Anfang an so staubt, aber wenn es einmal trocken ist, verhält es eigentlich genauso Arschloch-mäßig wie sein trockener Bruder.

Irgendwann gewöhnt man sich aber an sein Leben mit und in dem weißen Staub. Sogar ich als selbst erklärte Putzfanatikerin. Letztlich ist das aber ein verkraftbarer Preis.

Nächste Woche gibt es dann wieder weniger staubige News aus Selinas WG.

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