Weiß wie Schnee

Weiß wie Schnee

Winter is coming, hoffentlich zumindest. Bisher war man in den eigenen Wänden vor Schneestürmen und weißen Wanderern eigentlich sicher. Im Kasernenviertel treiben jene aber gerne mal im Hausflur ihr Unwesen.

Von Lena Alt

Ich gebe es zu: Die Geschichte, die ihr gleich lesen werdet, ist bereits zwei Jahre her. Und ungefähr vor zwei Jahren habe ich sie auch für die Print-Ausgabe der Lautschrift niedergeschrieben. Aber sie kommt mir doch immer wieder in den Sinn. Und weil sie einfach so verrückt ist, erzähle ich sie euch heute erneut – mit allen Einzelheiten.

Ich wohnte noch gar nicht lange in meiner Wohnung, als es nachmittags plötzlich laut knallte. Direkt auf dem Flur, direkt vor meiner Wohnungstür. Und wenn ich sage laut, dann meine ich ohrenbetäubend. Ich hatte gerade irgendetwas geschrieben, und der Knall hatte mich so erschreckt, dass ich einen Strich quer über das ganze Blatt Papier gemacht habe. Ich sprang auf und steckte meinen Kopf aus der Wohnungstür. Ich schaute zuerst nach rechts, und beurteilte den Geruch im Flur schonmal als komisch. Dann drehte ich meinen Kopf nach links, und sah nur eine weiße Wand auf mich zuwabern. Entsetzt sprang ich zurück über meine Türschwelle und warf die Tür zu. Der weiße Rauch begann jedoch schon, unter dieser hindurchzukriechen. Total verängstigt stopfte ich alle Handtücher, die ich finden konnte, in den Türrahmen. Selbst der wenige Rauch, den ich eingeatmet hatte, brachte mich zum Husten. Etwa zwei Stunden durchlebte ich so die bis dato größte Panik meines jungen Lebens. Ich hatte überhaupt keine Ahnung, welcher Spuk da draußen gerade sein Unwesen trieb. Der Einfluss der neuesten Staffel Game of Thrones machte es auch nicht gerade besser.

Als nach zwei Stunden immer noch kein Jon Schnee anwesend war, der mich vor den weißen Wanderern retten würde, nahm ich all meinen Mut zusammen und öffnete meine Wohnungstür wieder. Von der weißen Nebelwand war nichts mehr zu sehen. Den Boden hingegen bedeckte nun eine zentimeterdicke weiße Staubdecke, unter der meine nagelneue Fußmatte verschwunden war. Mein Blick folgte den Fußspuren, die über den Flur in Richtung Treppenhaus verliefen. Dann entdeckte ich den Grund für jenen angsteinflößenden Knall: Der Feuerlöscher lag auf dem Boden, sein Schlauch zeigte zu einer ursprünglich holzfarbenen Tür einer anderen Wohnung, die jetzt aussah, als wäre sie frisch weiß gestrichen worden. Besorgt tapste ich durch den Staub dorthin und klopfte. Der Bewohner öffnete verschlafen die Tür und sah mich verständnislos an. Ich stotterte ein bisschen herum, als ich versuchte, ihm den Grund für meine Störung zu erklären, weil ich selbst noch nicht ganz überrissen hatte, was da eigentlich passiert war. Ultralangsam wand er zu meinen Erklärungen den Kopf: erst zu meiner Wohnungstür, dann auf den Boden, zum Feuerlöscher, an seine Tür. Stirnrunzelnd, aber doch noch ziemlich unbeteiligt, fragte er, wer denn seine Tür jetzt sauber machen würde. Konnte ich ihm natürlich auch nicht sagen. Mit einem nervösen Lachen erkundigte ich mich noch, ob sowas hier öfter passiere. Das entlockte ihm nur ein Grinsen. »Neu hier?«, fragte er. Damit war meine Frage wohl hinreichend beantwortet.

Seitdem ist mir hier noch so einiges passiert. Wahrscheinlich würde ich also auf eine ähnliche Frage einer neuen Nachbarin genauso abgestumpft reagieren. Aber bevor ich euch noch mehr Stories aus dem Kasernenviertel flüstere, dürft ihr euch nächste Woche zunächst auf Neuigkeiten aus anderen Gegenden Regensburgs freuen.

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