Was kommt nach der Uni? – Karrieretipps für Geisteswissenschaftler:innen

Was kommt nach der Uni? – Karrieretipps für Geisteswissenschaftler:innen

Viele Studierende fragen sich schon frühzeitig in ihrem Leben, wohin die Reise geht, andere wiederum merken erst im Studium, was ihnen liegt. Dass es nicht nur auf einen (mehr oder weniger) guten Abschluss ankommt, sagen auch Berufsberater:innen. Ein Überblick über Karrieretipps für Absolvent:innen der Geisteswissenschaften.

von Yvonne Mikschl

Dass sich jede:r mal mit der Frage beschäftigten muss, wie man sein täglich Brot verdient, merkt man im Studium recht bald. Sobald dann noch die Familie mit der nervigen Frage »Was macht man mit dem Studium hinterher?« daherkommt, wird das Thema unausweichlich relevant. Ich für meinen Teil habe erst im Laufe meiner Zeit an der Universität Regensburg festgestellt, wo mein Herz eigentlich schlägt.

Eines vorweg: Die folgenden Ausführungen sind recht allgemein gehalten, eine Individualberatung ersetzt das in jedem Fall nicht. Damit man aber sich nicht ganz unvorbereitet in die Jobsuche für nach der Uni stürzt (so wie ich), kommen hier ein paar Karrieretipps, die speziell den Geisteswissenschaftler:innen helfen sollen, ihren Traumjob zu finden. Angefragt bei Stellen, die sich wirklich auskennen.

Der Marketing and Career Service der Uni Regensburg – nicht nur für BWLer:innen da

Yvonne Kraus vor dem Büro des Marketing and Career Service der Uni Regensburg (Foto: Yvonne Mikschl)

Wer an der Uni direkt Hilfe bei der Bewerbung braucht, kann sich am besten an das Team von Yvonne Kraus wenden. Sie arbeitet als Leiterin des Marketing and Career Service (MCS) an der Universität Regensburg, der sich selbst als »Bindeglied zwischen Wissenschaft und Wirtschaft als zentrale Anlaufstelle für berufliche Orientierung am Campus« versteht. Dass die Institution am Lehrstuhl für Wirtschaftswissenschaften sitzt, zeigen auch Kursschwerpunkte für Studierende: Das »Kontaktforum Wirtschaft« besteht aus Gastvorlesungen mit Leuten aus der Wirtschaft(spraxis), für BWL-Studierende werden Rhetorikkurse angeboten.

Fachübergreifend geht aber am MCS auch: Die Karriereberatung steht allen Studierenden offen – und wird laut Kraus auch genutzt: Ob von Studierenden kurz vorm Abschluss oder Promovierende – selbst internationale Studierende kommen in die Beratung. Kraus erlebt es auch, dass Studis, die besonders häufig Absagen erleben, ihre Bewerbungsmappe checken lassen, um herauszufinden, was sie verbessern können. Das Angebot ist nicht nur auf die Jobsuche nach dem Studium bezogen: Viele kommen für Praktikumsbewerbungen und Berufsorientierungen zu Yvonne Kraus und ihrem Team.

Die »KarriereKontakte« – eine Messe für alle?

Zentrale Aufgabe ist die Organisation der alljährlichen fakultätsübergreifenden Personalmesse »KarriereKontakte«. Mit Vorarbeiten beginnen die Vorbereitungen für dieses Event schon im Januar. Die heiße Phase läuft drei Monate vorher an. Yvonne Kraus gibt Studierende auch die Möglichkeit, ein bisschen Luft in das Eventmanagement zu schnuppern: Das vierzigköpfige Messeteam besteht aus Studierende der Wirtschaft und Lehramt, die sich die ECTS dafür in den Wahlbereich anrechnen lassen. Sechs Wochen lang helfen sie dann, die Messe zu einem Erfolg werden zu lassen, wie Kraus erzählt.

Wie ich in der Review der 16. KarriereKontakte auf der Lautschrift-Seite bereits angemerkt habe (hier der Link), hat diese wie viele andere Jobmessen ein zentrales Problem: »In der Gesamtschau ist es nicht einfach, für die Geistes- und Sozialwissenschaften passende Firmen und Jobs bei einer Personalmesse zu finden. […] Es darf meiner Ansicht nach nicht sein, dass von über vierzig Arbeitgeber:innen nur sechs Firmen für diese Fakultät geeignet sind.« Natürlich ist die Frage, warum Geisteswissenschaften immer noch so wenig vertreten sind, für Kraus nicht so leicht zu beantworten. Ihrer Meinung nach fehlt den Firmen das Geld für »employer marketing«, also dem Aufbau einer positiven Arbeitgebermarke für Bewerber:innen, oder die Firmen realisieren aktuell nicht, dass »an den Hochschulen der Nachwuchs steckt« – eine Theorie, die angesichts steigender Student:innenzahlen deutschlandweit durchaus unterstützenswert ist.

Ein paar Karrieretipps von Yvonne Kraus für Geisteswissenschaftler:innen

Grundsätzlich schlägt Yvonne Kraus jeder:m Absolvent:in vor, sich frühzeitig über Jobs nach dem Studium zu informieren. Essenziell für sie ist die Formung des eigenen Profils und das eigene Netzwerk, das auch den Onlineauftritt auf Plattformen wie Xing oder LinkedIn miteinschließt. Dies begründet sie daher, dass Geisteswissenschaften aufgrund ihrer Methodenkompetenz in der aktuellen Arbeitswelt zwar gebraucht werden, aber es selten Stellen gibt, die direkt auf Absolvent:innen dieser Richtung ausgelegt sind. Die Broschüre »Den eigenen Beruf (er-)finden – Arbeitsfelder für Geisteswissenschaftler« der Arbeitsagentur Kiel kommt zu einem ähnlichen Schluss: Der verdeckte Arbeitsmarkt müsse dadurch durch »Initiativbewerbungen und Pflege persönlicher Netzwerke« erschlossen werden.

Kraus gibt Studierenden folgende fünf Tipps für eine erfolgreiche Bewerbung mit auf den Weg:

  1. Klarheit über die Frage zu haben: Was will ich / was kann ich?
  2. Klarheit über das eigene Stärkenbewusstsein – was zeichnet mich aus?
  3. Üben der Selbstvorstellung vorm Spiegel oder dem Handy
  4. Im Lebenslauf: Was ist relevant für den Arbeitgeber?
  5. Last, but not least: Selbstbewusstsein

Die Arbeitsagentur – Hilfe zur Selbsthilfe

Der erste Weg für Studierende ist meist direkt die Arbeitsagentur. Ihre Aufgaben dürften relativ bekannt sein: Zuständig ist die Agentur für Arbeit (AfA) für die Berufsberatung von Jugendlichen, Studienanfängern und Hochschulabsolventen und anschließend daran die Vermittlung von Ausbildungs- und Arbeitsstellen. Beratungsanfragen sind aber laut den Aussagen von Katrin Wittmann im Auftrag der AfA-Stelle in Regensburg überschaubar. In der Mehrzahl der Fälle kommen Kund:innen mit Migrationshintergrund, die im Ausland einen Abschluss im geisteswissenschaftlichen Bereich absolviert haben und nun in Deutschland beruflich Fuß fassen wollen, in die Berufsberatung vor dem Erwerbsleben, kurz BBvE. Auch Lehramtsstudierende mit geisteswissenschaftlichen Fächer nutzen das Angebot und suchen meist nach dem ersten Staatsexamen Alternativen zum Lehrerberuf.

Geisteswissenschaften durchaus gefragt

Für Studierende des Campus in Regensburg wird im kommenden Wintersemester wieder ein Veranstaltungsprogramm in Kooperation mit dem Carrer Service der OTH zusammengestellt – Schwerpunkte liegen dabei auf Jobperspektiven, Bewerbung und Selbstpräsentation. Eine Individualberatung ist aber dennoch bei der Berufsberatung möglich. Die Rundmail der Universität wird die Studierenden rechtzeitig über das Programm und die Termine informieren.

Quelle: https://statistik.arbeitsagentur.de/DE/Statischer-Content/Statistiken/Themen-im-Fokus/Berufe/AkademikerInnen/Berufsgruppen/Generische-Publikationen/2-11-Geisteswissenschaften.pdf?__blob=publicationFile&v=3 (Kapitel 2.11 – 4)

Die Aussagen der Arbeitsagentur decken sich mit den Einschätzung von Yvonne Kraus, denn die Kenntnisse und Fähigkeiten, die Geisteswissenschaflter:innen mitbringen, werden von den Arbeitgebenden durchaus nachgefragt; auch wenn sich das nicht unbedingt in der Anzahl an ausgeschriebenen geisteswissenschaftlichen Positionen widerspiegelt. Häufig nachgefragte Kompetenzen sind Recherche und Informationsbeschaffung, die Aufbereitung und Vermittlung von Informationen, analytisches und strukturiertes Arbeiten. Zusätzliche Kenntnisse in den Bereichen IT, Projektmanagement, Presse und BWL seien zudem nützlich.

Karrieretipps für Studierende und Absolvierende

Das methodische Know-How, die die Geisteswissenschaften vermitteln, lassen eine Vielzahl von Jobbereichen offen werden. Nicht nur die Lehre an der Uni kann eine Möglichkeit sein, wie Katrin Wittmann in ihrer Antwort darstellt: »Auch Stellen in einer Unternehmensberatung, im Bereich Presse und Öffentlichkeitsarbeit, Personalwesen und Eventmanagement kommen infrage; ebenso Tätigkeiten im Journalismus, bei Verlagen, Museen und der Erwachsenenbildung.« Diese Bereiche betrifft ein branchenspezifischer Fachkräftemangel, von denen Absolvent:innen durchaus profitieren können.

Die Arbeitsagentur rät, vorab durch Praktika oder Ehrenamt Erfahrungen zu sammeln, die dann für Kontakte zu potenziellen Arbeitgebern darstellen. Flexibilität und Mobilität vereinfachen die Jobsuche noch ein wenig. Der Erfolg liegt aber in der Bewerbungsmappe: »Nicht unterschätzt werden sollten gut aufbereitete Bewerbungsunterlagen mit einem individuellen Anschreiben, das sich gezielt auf die gewünschte Position bezieht. Auch die Vorbereitung auf ein Vorstellungsgespräch ist wichtig, denn hier gilt es den Arbeitgeber von sich zu überzeugen.«

Gesamtfazit: Früh bewerben und sich selbst gut einschätzen lernen

Wenn mir beide Interviews etwas gezeigt haben, dann sind es die folgenden Punkte: Je früher man sich im Studium klar wird, wohin die eigene Reise gehen soll, desto früher schärft man sein Profil in diese Richtung. Skills sind die essentials, Netzwerke schaden nie, ebenso wenig ein bisschen Selbstbewusstsein. Oder wie es Yvonne Kraus formuliert: »Finden Sie ihren eigenen Weg und gehen Sie diesen!«

In diesem Sinne wünsche ich viel Erfolg…

Nützliche Links:

Hauptseite des MCS: https://www.uni-regensburg.de/wirtschaftswissenschaften/service/marketing-career/startseite/index.html

Startseite der Arbeitsagentur Regensburg: https://www.arbeitsagentur.de/vor-ort/regensburg

Das Studienfeld Sprach- und Kulturwissenschaften bei Berufenet: https://web.arbeitsagentur.de/berufenet/studienfelder/sprach-kulturwissenschaften

Überblick für Berufe für Geisteswissenschaftler:innen bei academics.de: https://www.academics.de/ratgeber/berufe-fuer-geisteswissenschaftler

Titelbild: Foto von Estée Janssens auf Unsplash

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