Wohnsinn-Kolumne: Die üblichen Sommerkatastrophen in einer Wohnung

Wohnsinn-Kolumne: Die üblichen Sommerkatastrophen in einer Wohnung

Ich hab lange überlegt, was meine Wohnung so besonders macht. Ist es die Lage, ist es die Anbindung an die, gefühlt, ganze restliche Welt? Nein, viel simpler: Es sind zwei Dinge, die mich zwar aufregen, aber die meine Wohnung doch zu dem machen, was sie ist.

von Yvonne Mikschl

1. Home-Gardening: nicht für jeden

 Noch bevor die Lebensmittelpreise ins Unermessliche zu stiegen schienen, herrschte in meinem Geldbeutel schon eine gähnende Leere, was Lebensmittel anging. Und irgendwie wünschte ich mir damals schon, dass ich an der A3 in einem Schrebergarten wohnen würde. Die Vorstellung, mir zum Abendbrot ein Butterbrot mit selbstgezüchteten Schnittlauch und frisch geernteten Tomaten machen zu können, ließ mich schmelzen. Doch Umziehen kam ein Jahr vor Ende meines Studiums nicht in Frage. Was also tun?

Ich ließ mich von einigen der hundert Videos, die meinen Facebook-Kanal tagtäglich überströmten, inspirieren. Life Hacks, Five Minutes Crafts, also Hacks für den Alltag, die alles einfacher erscheinen lassen, hieß das Zauberwort. Und so begann ich bei dem darauffolgenden Heimat-Besuch eine Zipper-Tüte voll Erde mitzunehmen und mir Samen zu besorgen. Home-Gardening war ein Projekt, das dem üblichen Studienwahnsinn eine wahre Abwechslung entgegensetzte.

 Ich hatte mir irgendwann einen Stapel voll Anzuchttöpfe – braune, runde, angeblich biologisch abbaubare kleine Töpfe – gekauft und hatte vom Abendessen zuvor noch einige Frühlingszwiebelreste übrig. Also Erde in die Töpfe rein, den Rest der Zwiebel (mit noch vorhandenen Wurzeln) in die Erde und noch etwas mehr Erde drauf. In den vierten der Pflanztöpfe, die ich in eine IKEA-Keksdose stellte, damit sie die Papphülle meines Keyboards, das neben dem Fenster stand, nicht beschädigten, kamen ein paar Schnittlauchsamen. Zwei silberne, etwas breitere Pflanztöpfe bekamen Basilikum und eine Mischung von Tomaten-, Gurken- und/oder Zitronenkernen – so genau kann das keine*r mehr nachvollziehen – in die Erde gemixt. Ich war zufrieden.

 Warum ich mir sicher war, dass daraus was werden kann? Zum einen meine Giestiraden, zum anderen der sonnige Platz. Kräuter gedeihen bei uns zuhause perfekt. Nur beim Gemüse hatten wir bisher nicht wirklich Glück – der Kohlrabi misslingt jedes Mal und der Salat wächst schneller aus, als wir ihn essen können. Drum fragt ihr euch sicher, wie das Abenteuer ausging. Nun ja, sagen wir so: zwei der drei Lauchzwiebeln sind ausgetrieben. Zwar nicht so, wie man* sie im Supermarkt findet, aber hey. Und bezüglich der Kräuter hätte ich schon zu dem Zeitpunkt aufhören sollen, als mir meine Kresseschale deswegen einging, weil eine Konzertkarte über ihr lag… Home-Gardening steht mir, glaub ich, nicht. Oder wie es ein guter Freund mal formuliert hat: »Das einzig Grüne, was in meiner Wohnung überlebt, ist der Glücksbambus, den du mir zu Weihnachten geschenkt hast.« Ok, bei mir lebt der auch noch…

2. Wenn der Ventilator zum besten Freund wird

Sommerzeit ist Hitzezeit. Auch jetzt im Moment. Und wenn ich dann so Sprüche auf Instagram lese wie: »Was ist Ihre Schmelzgrenze? – Meine Dachgeschosswohnung im Sommer.«, grinse ich mir zwar regelmäßig eines, denk mir gleichzeitig aber: »Ihr habt meine Wohnung noch nicht erlebt.«

Der Ventilator, der bei mir auf dem Sideboard steht, ist zwar mal ein Fünf-Euro-Teil gewesen, hat aber sein Geld schon längst wieder reingeholt. Ich könnte wetten, dass der es sich auf seine alten Tage auch anders vorgestellt hat, als im Sommer ab dem ersten Tag, an dem es in Regensburg 25 Grad oder mehr hat, fast täglich arbeiten zu müssen. Es dürfte ihn aber durchaus entschädigen, mich zu sehen, wenn ich grinsend davor stehe und mich in seiner kühlen Luft wiege. Meine Wohnung dürfte im Sommer eine konstante Innentemperatur von circa 24 Grad oder mehr besitzen – aus zwei Gründen: Zum einen scheint bis mittags um 13 Uhr grundsätzlich die Sonne rein, zum anderen hindert der Glasbau vor meinem Fenster nicht nur den Lärm der angrenzenden A93 und B16, sondern auch sämtlichen (kühlen) Wind daran, in meine Wohnung zu kommen. Ich habe mich schon den Satz sagen hören: »Der schwülste Ort in ganz Regensburg ist meine Wohnung.« Und da war es Mitte Juni 2022… Kühle bringt einzig und alleine der Herbst und der Ventilator. Oder der Kühlschrank, der mich mittlerweile mit dem Kondenswasser nervt, also lassen wir das besser. Nein, der Ventilator ist mein bester Freund im Sommer.

Der Idealtyp einer Wohnung

Manche fragen mich, wie denn mein Idealtypus von Wohnung aussieht. Ganz einfach: Das, was ich jetzt habe, nur eben mit Waschmaschine, zwei Zimmern mit Terrasse oder Balkon und einer besseren Lage. Ich glaube auch immer noch fest daran, dass Home-Gardening auf einer Freifläche gelingen kann. Und ich freu mich schon auf den Tag, wo ich den lauen Sommerabend mit einem kühlen Glas Fruchtsecco auf dem Balkon genießen kann, ohne dass Mister Ventilator wieder Überstunden machen muss. Nur die Zeit wird diese Vorstellung wahrwerden lassen…

Beitragsbild: Yvonne Mikschl

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert