Der Leak auf der großen Leinwand
Bill Condons Film „Inside WikiLeaks“ versucht, Aufstieg und Fall der Whistleblowerplattform zu zeigen. Jedoch ist der Film zu seicht, zu subjektiv, und vor allem zu rasant, um einen echten Einblick in die Geschichte von WikiLeaks zu bekommen – Condon scheitert.
„Inside WikiLeaks: Die fünfte Gewalt“ erzählt auf sehr hektische und unruhige Art und Weise die Geschichte der Whistleblower-Plattform WikiLeaks um ihren Gründer Julian Assange und seinen zeitweiligen Mithacker Daniel Berg. Der Film basiert auf Bergs 2011 erschienenem Buch „Inside WikiLeaks: Meine Zeit bei der gefährlichsten Website der Welt“ – die Darstellungen sind also keineswegs, nicht einmal versuchsweise, objektiv oder neutral.
Mit Club Mate und viel Hackerslang etabliert Regisseur Bill Condon schon von Anfang an das Nerdsetting des Films. Zu nerdig, wenn man keine Ahnung von den endlosen Möglichkeiten der Ver- und Entschlüsselung des sensiblen Internetdatentraffics hat oder auf verständliche Unterhaltung hoffte. Inside ist bei „Inside WikiLeaks“ nur eines: der recht erfolglose Versuch, dem Zuschauer das – aus Daniel Bergs Sicht, wohlgemerkt – paranoide, größenwahnsinnige Wesen Assanges in einigen, jedoch viel zu wenigen, Flashbacks in dessen Kindheit näherzubringen. Immer wieder veranschaulicht Condon Assanges abstruse Gedankenwelt durch einen langen, fensterlosen Büroraum, in dem an endlosen Computern die „Freiwilligen“ von WikiLeaks arbeiten. Erst im Laufe des Films erfährt man, dass Assange, und später Berg, die bis dato einzigen Betreuer der Plattform sind, bis ein paar weitere Hacker zum Team stoßen. Sie alle steigen jedoch aus, als ihnen die Privatsphäreverletzungen der Website zu krass werden und sie sich mit ernsthaften juristischen Konsequenzen konfrontiert sehen. Assange geht bis zum bitteren Ende weiter.
Eigentlich hätte Condons Film gut werden können, zumindest wenn man sich den Besetzungsliste anschaut. Benedict Cumberbatch als weißhaariger, schlaksiger Julian Assange und Daniel Brühl als Daniel Berg mit Hornbrille und Holzfällerbart zumindest versprechen gute Unterhaltung als ein insgesamt harmonisches Duo. Cumberbatch behält trotz aller Bemühungen Brühls jedoch trotzdem durchweg die Oberhand – auf Dauer eine zu statische Angelegenheit ohne die Dialogdynamik, die der Film bräuchte. Moritz Bleibtreu, David Thewlis und Stanley Tucci, um nur einige weitere Darsteller zu nennen, leisten im Wesentlichen gute Arbeit. Erwartungsgemäß solide, im Mittelfeld, nicht spektakulär oder schlecht.
Doch dass die Besetzung nicht alles ist, muss Condon mit „Inside Wikileaks“ letztlich schmerzlich feststellen. Dem Film fehlt es an Tiefgang , vor allem aber auch an Ruhe, um die Bilder und die Story wirken zu lassen. Dazu kommt die bereits erwähnte mangelnde Neutralität und fehlender Durchblick, den der Zuschauer definitiv haben müsste, um die Geschichte voller Lügenkonstrukte und Absurdität nachvollziehen zu können. Letztlich bleibt man nach 128 Minuten verwirrt im Kinosessel zurück, wenn das Licht langsam angeht und im Abspann Benedict Cumberbatch die Kritik des WikiLeaks-Gründers an dem Kinofilm wiedergibt. In den letzten paar Minuten versucht der Film so, sich selbst auf den Arm zu nehmen, scheitert jedoch erneut wegen eines zu undurchsichtigen Handlungsstranges und zu seichter Selbstironie. Alles in allem eine Bruchlandung der Produktion – so sehen das übrigens auch die amerikanischen Kinogänger. Dort spielte der Film am Startwochenende nämlich lediglich 1,7 Millionen Dollar ein und war damit der bisherig größte Flop des Jahres.
Hier gibt’s den deutschen Trailer zum Film: