Rote Schuhe und der 25. November

Rote Schuhe und der 25. November

Diesen Samstag ist der 25. November. Für einige nur ein Datum ist dieser Tag ein offizieller Gedenktag: Der internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt an Frauen und Mädchen. Alles über den Hintergrund des 25. Novembers, seine Ziele und Veranstaltungen in diesem Jahr gibt es hier.

von Jule Schweitzer

Von blumig verzierten Grußkarten mit der pinken Aufschrift Happy Women’s Day über Werbung an Gärtnereien, Redebeiträgen von Schauspieler:innen bis hin zu der Diskussion, ob es jetzt Internationaler Tag der Frauen oder Feministischer Kampftag heißt: Der achte März ist gesellschaftlich und medial irgendwie präsent. Doch es gibt einen weiteren Tag, an den man gefühlt eher nur dann erinnert wird, wenn man sich sowieso schon in entsprechend feministischen Kreisen bewegt: Der 25. November oder der Internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt an Frauen. Besonders häufig sieht man zu diesem Zweck Kunstaktionen mit roten Schuhen, die dem Beispiel von Elina Chauvet folgen.

In diesem Beitrag soll kurz geklärt werden, wie genau dieser Tag entstanden ist, was die roten Schuhe bedeuten und warum wir diesen »extra« Tag für den Feminismus brauchen.

Historischer Hintergrund des internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen und Mädchen

Der internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen existiert seit 1981. Damals erklärten Feminist:innen aus Lateinamerika und Kolumbien diesen Tag zu einem Gedenktag für Opfer von Gewalt an Frauen. Der Hintergrund hierfür war die bereits 1961 stattgefundene Verschleppung und Ermordung der Schwestern Mirabal, die dem Movimiento Revolucionario 14 de Junio angehörten, durch Militärangehörige des Diktators Rafael Trujillo. Im Jahr 1999 griffen auch die Vereinten Nationen den Gedenktag auf.

Obwohl der 25. November jeglicher Gewalt an Frauen und Mädchen gewidmet ist, trifft man auf Veranstaltungsplakaten und Demorufen besonders häufig auf den Begriff Femizid an. So macht zum Beispiel die bereits erwähnte Kunstaktion Zapatos rojos von Elina Chauvet, die am 25. November häufig repliziert wird, auf jede Frau, die im aktuellen Jahr Opfer von einem Femizid wurde, aufmerksam. Doch was bedeutet eigentlich Femizid?

Begriffserklärung und Beispiele: Femizid

Das Wort Femizid wurde 1976 von der Soziologin und Feministin Diane E.H. Russel das erste Mal wissenschaftlich verwendet. Sie selbst bezeichnete mit diesem Begriff das Töten von Frauen aus Gründen des Frauenhasses einerseits und andererseits aus Gründen eines Entzugs der Frauen aus der männlichen Kontrolle und Dominanz. Das bedeutet, dass das Ermorden einer fremden Frau aufgrund grundsätzlich misogyner Veranlagungen der Täter:innen (nicht-intimer Femizid) genauso als Femizid bezeichnet wird wie wenn Partner ihre Ex-Freundinnen oder Ex-Ehefrauen töten, weil sie sie verlassen haben (intimer Femizid). Femizide sind also grundsätzlich durch die Hierarchie von Geschlechterverhältnissen motiviert, so lautet auch die Definition der WHO.

Femizid oder Feminizid?

Neben den als Beispiel genannten Arten des Femizids ist eine dritte Unterscheidung möglich, die sich in der Ergänzung von zwei Buchstaben äußert: Der Begriff Femininizid wird verwendet, um den patriarchalen Hintergrund hinter dem Mord an einer Frau besonders zu betonen und um die Verantwortung des Staats dabei in den Fokus zu nehmen. Gemeint ist damit, dass das Töten von Frauen oft nicht nur aus misogyner Motivation sondern aufgrund struktureller Gründe geschieht und Feminizide oft nicht bestraft werden.

Ein viel diskutiertes Beispiel dafür ist das Gerichtsurteil des Bundesgerichtshofs vom 21. Februar 2018 (1 StR 351/17): Hier wurde geurteilt, dass das Töten einer intimen Partnerin nicht aus der Motivation durch niedrige Beweggründe geschehen muss, wenn sie sich von ihrem Partner trennen wollte. Weil das Beenden der Beziehung durch das Opfer geschehen ist, kann die Tat als Totschlag statt als Mord gelten.

Warum brauchen wir den 25. November als Gedenktag? – Zahlen

Wie anfangs erklärt, gibt es den besser bekannten achten März als feministischen Kampftag. An diesem Tag finden weltweit Demonstrationen und Veranstaltungen zum Thema Feminismus und dessen unterschiedlichste Forderungen statt. Warum also »noch« ein feministischer Gedenktag?

»Fast alle zwei Minuten wird in Deutschland ein Mensch Opfer von häuslicher Gewalt. Jede Stunde werden mehr als 14 Frauen Opfer von Partnerschaftsgewalt. Beinahe jeden Tag versucht ein Partner oder Expartner eine Frau zu töten«, sagte Bundesfamilienministerin Lisa Paus. Die Internetseite der Bundeszentrale für politische Bildung zeigt: jeden dritten Tag wird aus einem dieser Tötungsversuche ein Femizid.

In Zahlen bedeutet das für das Jahr 2022: 240.547 Personen erlitten häusliche Gewalt (8,5 Prozent mehr als 2021). 71,1% davon sind weiblich, die Täter meistens (76,3%) männlich.  Laut dem Bundeslagebild Häuslicher Gewalt wurden 312 Frauen 2022 Opfer von Mord und Totschlag ohne Totschlag auf Verlangen.

Konklusion

Die Zahlen und der Eindruck von FLINTA-Erfahrungen zeigen: Während feministische Kämpfe wie Gleichberechtigung in Medizin und Beruf, die zu hohe Besteuerung von Hygieneartikeln oder Abtreibungsgesetze auch elementar wichtig für den Feminismus sind, ist die Angst vor Gewalterfahrungen ein unglaublich beständiges Thema für Frauen bbeziehungsweise FLINTAs. Allein aus diesem Grund, dieser Angst, ist es mehr als notwendig, einen ausgegliederten Gedenktag zur Beseitigung von Gewalt an Frauen und Mädchen beizubehalten und immer wieder auf die Opfer aufmerksam zu machen.

Veranstaltungen zum internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen

In Regensburg gibt es am Samstag, den 25. November zwei von eben.widerspruch, Solwodi und dem autonomen Frauenhaus organisierte Aktionen:

13 Uhr Kunstaktion Zapatos Rojos am Fuße der Steinernen Brücke (Altstadtseite)

15 Uhr Kundgebung mit Redebeiträsgen

Für Lautschrift-Lesende aus der Richtung Straubing:

Hier findet ebenfalls am Samstag ab 13 Uhr ein Demozug mit Kundgebung am Ende statt. Treffpunkt ist vor der Cafebar in der Steinergasse 8.

Beitragsbild:  Paul Sittner, @plsttnr via Instagram

Alle Quellen zum Artikel:

Kunstaktionen mit roten Schuhen / Zapatos rojos: Rote Schuhe für das Frauenhaus – Frauenhaus Itzehoe (frauenhaus-itzehoe.de)

Historischer Hintergrund: 25. November: Internationaler Tag… Aktion Deutschland Hilft (aktion-deutschland-hilft.de)  und Orange the World 2023 – UN Women Deutschland

Definition Femizid und Feminizid: 2022_Femizid_Ehrenmord_Definition.pdf (frauenrechte.de) / WHO_RHR_12.38_eng.pdf;sequence=1

Bundeszentrale für politische Bildung: Femizide und Gewalt gegen Frauen | bpb.de

Bundeslagebild Häuslicher Gewalt: BKA – Bundeslagebilder Häusliche Gewalt – Bundeslagebild Häusliche Gewalt 2022

Was bedeutet FLINTA?: Das Queer-Lexikon: Was bedeutet FLINTA*? (tagesspiegel.de)

One thought on “Rote Schuhe und der 25. November

  1. Gibt es in Deutschland eigentlich auch eine „White Ribbon Kampagne“ von Männern gegen Gewalt an Frauen? Eine weltweite Bewegung, die man öfter erwähnen sollte. Auch das Konzept STOP – Stadtteile ohne Partnergewalt ist anscheinend eine gute Strategie gegen häusliche Gewalt.

    LG Anna

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