Wohnsinn-Kolumne: Gemeinsam allein wohnen

Wohnsinn-Kolumne: Gemeinsam allein wohnen

Das letzte Jahr über war mein Partner im Ausland und ich allein in unserer gemeinsamen Wohnung. Seit drei Wochen ist er wieder da und das gemeinsame Wohnen nicht mehr so wie vorher. Dafür aber besser.

von Linnea Janke

Vor drei Jahren sind mein Partner und ich zusammengezogen, nachdem wir bereits zwei Jahre ein Paar waren. Damals schien das die einfachste und effizienteste Lösung zu sein, als wir gemeinsam ein Studium in Regensburg – einer uns fremden Stadt – anfingen.

Wie das beim Zusammenziehen von Paaren öfters ist, wird vorher ausgemistet: Was kann ich in die gemeinsame Wohnung mitnehmen? Brauchen wir wirklich deinen und meinen Schreibtisch oder reicht nicht doch nur einer? Gefallen meinem Partner meine benutzten Tassen oder sollten wir nicht doch neue kaufen? 

Und so landen immer mehr Sachen im Müll, die persönlich zwar Wert hatten, aber in der gemeinsamen Wohnung nicht für beide gleichermaßen relevant sind. Es ist schließlich ein Ort, an dem beide sich wohlfühlen und gemeinsam wohnen möchten. 

In den vergangenen zwölf Monaten habe ich dementsprechend die Wohnung etwas umgestaltet. Nicht viel, aber eben so viel, dass es meine Wohnung wurde. Mein Keyboard stand ab sofort nicht mehr eingepackt in der Ecke, sondern offen auf dem Schreibtisch, der wie gemacht dafür war. Einen Schreibtisch, den ich nie benutzt habe, weil mein Partner normalerweise daran saß.

Jetzt, da wir uns wieder die Räumlichkeiten teilen müssen, musste die Wohnung in ihren vorherigen Zustand zurückversetzt werden und mein Keyboard wieder eingepackt in die Ecke.

Wohlfühlen taten wir uns in der Wohnung aber dennoch nicht mehr. Es war plötzlich beengt, wieder zu zweit hier zu leben. Wir bemerkten schnell, dass wir zwar die Nähe zum jeweils anderen haben möchten, aber eben auch Zeit für uns selbst eingestehen wollen. Und im Vergleich zu damals, forderten wir jetzt diese Zeit auch ein.

Nicht, weil wir die andere Person nicht mehr liebten, sondern genau deswegen.

Denn in den zwölf Monaten alleine Leben, haben wir beide unabhängig voneinander Folgendes gelernt: Wir leben gern allein. Wir wohnen aber auch genauso gern mit der anderen Person zusammen. Das heißt allerdings nicht, dass wir jede Kleinigkeit gemeinsam tun und mögen müssen und dass unsere Wohnung das widerspiegeln muss. Viel mehr bedeutet es, dass wir beide unseren eigenen Platz brauchen mit den eigenen Sachen, den eigenen Hobbies, an denen wir allein arbeiten, wohnen und einfach sein können als eigenständige Personen.

Denn das, was uns in den zwölf Monaten wirklich gefehlt hat, war nicht das gemeinsame Miteinanderleben, sondern das gemeinsame alleine Wohnen. 

Die nächste Wohnsinn-Kolumne gibt es dann in einer Woche von Justine.

Beitragsbild: Roselyn Tirade | Unsplash

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