Zwischen Kind und Campus

Zwischen Kind und Campus

Mehr als 500 Studenten der Uni  bekleiden eine Doppelrolle: Sie müssen für ihre Kinder sorgen – und dabei irgendwie ihr Studium auf die Reihe kriegen. Doch sie werden nicht alleine gelassen.

Die meisten von uns verschwenden kaum einen Gedanken an Familienplanung. Die Prioritäten liegen noch woanders: Kaum raus aus dem Elternhaus, heißt es erst einmal das Studentendasein genießen, eigene Ziele verfolgen. Eben das Leben leben. Ein Kind passt da selten in den Plan.

Doch für einige junge Mütter und Väter an der Uni Regensburg sieht der Alltag anders aus: Wenn nach neun Monaten ein schreiendes Baby ins Leben tritt, ob gewollt oder ungewollt, wird schnell das Leben auf den Kopf gestellt. Campus und Kind – wie kann das funktionieren?

Insgesamt 505 Studentinnen der Universität Regensburg meistern das Mutterdasein und absolvieren nebenher ihr Studium. Eine von ihnen ist die 22-jährige Anastacia. »Mit 18 wurde ich schwanger, inzwischen ist meine Tochter 4 Jahre alt«, erzählt sie. Als das Baby geboren wurde, war die damalige Schülerin noch verheiratet. Seither hat sich einiges geändert: Sie studiert inzwischen im dritten Semester Geschichte und Deutsch auf Lehramt an der Uni Regensburg. Ohne Mann, aber dafür mit Kind.

Die junge Mutter hat zwei »Full-time-Jobs«. Wie kann man das alles meistern? Wie viel Unterstützung ist nötig, um Mutter und eine gute Studentin zu sein? Und vor allem: Wer kann helfen?

Unterstützung bieten verschiedene Beratungsstellen, in Regensburg etwa »Donum Vitae«, »proFamilia«, die Caritas, das Gesundheitsamt oder der Familienservice an der Uni. Insbesondere die Ansprechpartner der Beratungsstelle »Donum Vitae« bieten praktische Hilfe für werdende Mütter und Väter. Sie informieren auch über gesetzliche Ansprüche und Leistungen. Junge Eltern sollten sich am besten individuell darüber informieren, wie viel Geld ihnen monatlich zusteht und welche finanziellen Unterstützungsmöglichkeiten es gibt.

Das Kindergeld kann bei der Familienkasse beantragt werden und wird dann ab der Geburt des Kindes monatlich gutgeschrieben. Seit wenigen Jahren gibt es auch die Möglichkeit, Elterngeld zu bekommen. Üblicherweise erhält man ab der Geburt des Kindes ein Jahr lang ein Mindestelterngeld von 300 Euro im Monat. Zudem gibt es die Möglichkeit, Wohngeld zu beantragen.

Schon im jungen Alter von ungefähr drei Jahren werden auch Betreuungskosten relevant. Für Anastacias Tochter werden 84 Euro Kindergartenkosten übernommen, sie selbst muss monatlich nur noch 30 Euro bezahlen. Natürlich ist die Übernahme der Betreuungskosten sowie aller anderen gesetzlichen Leistungen immer abhängig von der individuellen Lebenssituation.

Für die Problematik »Studieren mit Kind« ist an der Uni Regensburg ein eigener Familienservice zuständig. Als zentrale Anlaufstelle informiert, berät und unterstützt die Einrichtung in allen Fragen rund um die Vereinbarkeit von Kind und Studium an der Universität.

Um eine Beurlaubung vom Studium muss sich eine werdende Mutter deshalb nicht mehr sorgen. Gesetzlich steht ihr eine Beurlaubung von mindestens 14 Wochen zu: sechs Wochen vor der Geburt, acht danach. Wenn das aber nicht genügt, kann man sich auch länger beurlauben lassen. Studierenden mit Kind ist es möglich, für die Dauer der gesetzlichen Elternzeit ihr Studium zu unterbrechen, also bis maximal zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes. Allerdings verlieren sie so ihren Anspruch auf Bafög.

Dafür werden studierende Mütter und Väter unter anderem von Studiengebühren befreit und in der Bibliothek existieren Sonderregelungen bezüglich der Nachtausleihe. Doch das ist noch nicht alles: Der Familienservice kümmert sich für die studierenden Eltern auch um die Vermittlung von Babysittern und bietet eine flexible Kinderbetreuung am Campus an. Für Schulkinder gibt es eine Ferienbetreuung.

Auch für ein Familienessen in der Mensa ist gesorgt. Kinder von Studierenden bekommen bis zum sechsten Lebensjahr eine spezielle Mensakarte und erhalten damit kostenlos einen Kinderteller. Seit diesem Semester gibt es sogar ein Eltern-Kind-Büro, das in einen Lernbereich für Studierende und in einen Spielbereich für Kinder aufgeteilt ist. Neben diesen vielseitigen Angeboten kann auch der Service des uniinternen Kindergartens für Kinder ab zweieinhalb Jahren oder der Kinderkrippe für Babys ab sechs Monaten in Anspruch genommen werden.

Um fünf Uhr klingelt der Wecker

Anastacia kannte bisher weder die Beratungsstellen für junge Mütter in Regensburg, noch den eigenen Familienservice der Universität. Ihr Leben scheint sie aber auch ohne Beratungsstelle gut im Griff zu haben. Offensichtlich fit wie ein Turnschuh, plaudert sie drauf los: »Ohne meine Familie wäre das alles unmöglich gewesen. Sie haben mich unterstützt, wo es nur ging. Insbesondere haben sie mich dazu ermutigt, direkt nach der Schule ins Studium zu starten, auch mit Baby!« Und wirklich: Scheinbar gelingt es ihr, Studium und Kind unter einen Hut zu bringen. Als sie mir allerdings erzählt, wie ein normaler Wochentag bei ihr aussieht, wundere ich mich, wie sie es schafft, das alles so gut zu koordinieren.

Für Anastacia bleibt kaum Zeit zum Entspannen. Schließlich trägt sie die Verantwortung für ihre kleine Tochter und muss neben dem Studium auch noch irgendwie Geld verdienen. Deshalb beginnt Anastacias Tag früher als bei anderen Studierenden. Während die kinderlosen Studenten noch in den Clubs tanzen, klingelt der Wecker für sie schon um fünf Uhr früh. »Ich pendle jeden Morgen von Landshut nach Regensburg. Meistens bin ich bis mindestens 15 Uhr in der Uni. Auf dem Rückweg hole ich Lena im Kindergarten ab. Zuhause wird ein bisschen gespielt, es gibt Abendbrot und dann bringe ich die Kleine ins Bett.«

Größtes Problem: Schlaf- und Zeitmangel

Inzwischen ist es 19 Uhr und Anastacias »To-do-Liste« ist immer noch lang. Die Bücher stapeln sich bis zur Decke, der Kühlschrank ist leer und die Wohnung gleicht einem Trümmerhaufen. Anstatt sich also auf die Couch werfen zu können, muss Wäsche gewaschen werden, die Wohnung gehört geputzt und die Hausarbeit muss auch dringend fertig getippt werden. »Meistens schaffe ich es nicht vor 0 oder 1 Uhr nachts ins Bett«, erzählt sie. »Der Tag bräuchte für mich einfach 48 Stunden. Schlaf- und Zeitmangel sind das größte Problem.« Auch die Zeit für Freunde ist rar. Ausgehen kann sie eigentlich nur einmal im Monat.

Ihre Familie nimmt ihr viel Arbeit ab. Muss Lena in den Kindergarten gebracht oder abgeholt werden, übernimmt das gerne Anastacias Mutter oder eine ihrer zwei Schwestern. »Manchmal übernachtet meine Kleine auch bei meinen Eltern, da ich ja noch zweimal die Woche arbeiten gehe«, so Anastacia. Und der Vater des Kindes? Ihr Ex-Mann kümmert sich nicht um seine Tochter. Bisher bekommt Anastacia nicht einmal Unterhalt für Lena. Es ist also keine Überraschung, dass sie neben dem Studium als Kellnerin arbeitet, denn die finanzielle Belastung ist groß.

All das zeigt anschaulich, dass ein Studium in der frühen Elternzeit eine enorme Herausforderung darstellt. Es benötigt ein kluges Organisationstalent, einen weitgehenden Verzicht auf Freizeit und ist mit intensiven Belastungen verbunden.

Anastacia möchte sich jetzt erst mal den Traum vom Führerschein erfüllen. Bisher fehlte es ihr an Zeit und dem nötigen Kleingeld. Mit der Unterstützung des Familienservices kann sie dieses Vorhaben jetzt realisieren. •

Text: Ann-Kathrin Winkler

 

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