Schweres in Kontrast zu Leichtem
Im Rahmen der Langen Nacht der Museen in Regensburg eröffnet die Schmuckgalerie Hannah Rembeck eine Ausstellung zu Trauerschmuck.
von Anne Nothtroff
Es ist ein kühler Samstagabend und die Altstadt ist ein wenig voller als gewöhnlich zu dieser Jahreszeit. Natürlich nicht grundlos: Es ist Lange Nacht der Museen und zahlreiche Regensburger Museen und Galerien öffnen ihre Türen. So auch die Schmuckgalerie Hannah Rembeck, die in Anwesenheit von drei Künstler:innen eine Ausstellung über Trauerschmuck eröffnet. Zu bestimmten Uhrzeiten treten die beiden Goldschmiedinnen Hannah Rembeck und Cassandra Fritzsche, gemeinsam mit den anwesenden Künstler:innen Andrea Schmidt, Sarah Cossham und Michael Jank in den Dialog. Auch die Bestatterin Magdalena Schwarzwald von plan b ist für die Gesprächsrunde zu Gast.
»Das Thema Trauerschmuck beschäftigt uns schon länger«, begrüßt Galeristin Hannah Rembeck die Gäst:innen und erklärt wie es zu der Ausstellung kam: Immer wieder kämen Menschen mit geerbtem Schmuck von Verstorbenen vorbei. Oft handele es sich um Schmuckstücke, die zwar nicht mehr getragen, aber dennoch als besonders wertvoll empfunden würden.
Trauerschmuck im Wandel der Zeit
Doch Trauerschmuck ist kein neues Phänomen, erklärt Goldschmiedin und Mitkuratorin Cassandra Fritzsche. Schon im Barock wurde von Adeligen und Bürger:innen bei einem royalen Todesfall erwartet, sich entsprechend zu kleiden. Durch bestimmte Symbolik konnte kommuniziert werden, welche gesellschaftliche Stellung die verstorbene Person inne hatte. Auch die Materialen, die für Trauerschmuck verwendet wurden, wandelten sich im Laufe der Zeit. Während Anfangs Knochen eine große Rolle spielten, griff man später zu Eisen oder Haaren. Die Haare einer verstorbenen Person zu einem Collier zu verarbeiten mag einem heute suspekt, gar eklig erscheinen. Zu einer Zeit in der es noch keine Fotografie gab und die Portraitmalerei nur wohlhabenden Menschen zur Verfügung stand, war es oft der einzige Weg haptische Erinnerungsstücke zu schaffen.
In modernem Trauerschmuck finden sich häufig Falter, Blumen oder Schmetterlinge als Symbole der Metamorphose. So auch in Jutta Klingebiels Schmuckstücken, die mit der Email-Technik angefertigt wurden. Diese Technik erfordert höchst präzises Arbeiten, und eine gute Planung, denn jede Farbe muss bei einer anderen Temperatur gebrannt werden.

Die Wände der Galerie sind geschmückt mit Vorhängen auf denen graue Wolken zu sehen sind. Doch dabei bleibt es nicht: Schiebt man den Vorhang beiseite, erscheinen bunte Wolken – Grau zieht vorbei und schafft Raum für Neues. Angefertigt wurden die Vorhänge von Michael Jank. Gemeinsam mit seiner Frau, Bettina Dittlmann präsentiert er auch die sogenannten »Für-immer Ringe«. Bei der Anfertigung dieser Ringe wird nicht wie bei der herkömmlichen Technik, der Anfang und das Ende des Rings zusammengeschmiedet. Stattdessen wird der Ring aus einem Stück Masse geformt, in das ein Loch gestochen wird. Es entstehen also Ringe, die schon im Herstellungsprozess weder Anfang noch Ende haben.
Andrea Schmidt beschäftigt sich unter anderem mit der Frage, womit man die Leere füllen kann, die nach dem Verlust eines geliebten Menschen entsteht. Sie schmiedet Eheringe von Paaren, bei denen ein:e Partner:in bereits verstorben ist, auseinander und füllt den entstandenen Raum mit etwas Neuem – oder verbindet zwei Eheringe zu einem Unendlichkeitszeichen.

Sarah Cossham verarbeitet in ihren Ausstellungsstücken nicht nur persönliche Trauer, sondern arbeitet auch Familiengeschichte auf. Sie teilt sehr bewegende Momente mit den Besucher:innen. So erzählt sie von einem Menschen, der nach schwerer Krankheit verstarb und sich immer vorgestellt hatte, als Hummel wiedergeboren zu werden – weil diese fliegen kann, obwohl sie so schwer ist. Daraufhin modelliert die Künstlerin eine Hummel, die bei der Beerdigung als Erinnerungsschmuckstücke unter den Trauernden verteilt wurde.
Trauerschmuck muss aber nicht immer ein Objekt sein, das an eine verstorbene Person erinnert. Es kann auch an vergangene Momente oder Menschen aus vergangenen Lebensabschnitten erinnern. Bestatterin Magdalena Schwarzwald betont, dass es darum gehe, Gemeinschaft zu kreieren: Objekte können Verbindung schaffen und sollen Menschen eine Fläche geben, die man in Erinnerung an eine Person emotional aufladen darf.
Doch es kommt auch immer wieder zur Kommerzialisierung des Themas. Beispielsweise versprechen Firmen aus der Asche eines Menschen Diamanten herzustellen. Darum geht es bei Trauerschmuck nicht. Vielmehr sollte es dabei aber immer um den individuellen Prozess gehen, so Schwarzwald. Auch Goldschmiedin Cassandra Fritzsche steht dem kritisch gegenüber: Für die Herstellung eines Diamanten werde weit mehr Kohlenstoff benötigt, als in der Asche eines menschlichen Körpers enthalten ist – im Holz des Sarges, der üblicherweise mitverbrannt wird, dagegen schon. Am Ende ist also mehr Sarg als Mensch im Diamanten.

Mit welchen Objekten Menschen an eine Person erinnert werden möchten, ist eine Entscheidung, die man selbst treffen kann – solange man noch lebt, gibt Sarah Cossmann am Ende zu bedenken. Früher dienten Schmuckstücke häufig als Grabbeigaben, also Gegenstände, die einer verstorbenen Person aus religiösen, symbolischen, kulturellen oder persönlichen Gründen mit ins Grab gegeben wurden.
Bestimmt man jedoch selbst, was man im Falle des eigenen Todes den Trauernden mitgeben möchte, kehrt sich diese Tradition um: Es wird zu einer Gabe der Verstorbenen an die Lebenden, anstatt umgekehrt. So gewinnt der Trauerschmuck an Gestaltkraft – und wird zu einem Raum der Mitbestimmung. Genau das möchte die Ausstellung vermitteln.
Titelbild: »Für-immer Ringe« © Anne Nothtroff
Die Ausstellung ist noch bis zum 8.11 in der Schmuckgalerie Hannah Rembeck zu sehen. Weitere Infos gibt es unter: Schmuckgalerie Hannah Rembeck | Regensburg
