Mode im Wandel: Wie Trends unsere gesellschaftliche und politische Lage widerspiegeln.

Mode im Wandel: Wie Trends unsere gesellschaftliche und politische Lage widerspiegeln.
In der politischen Landschaft vieler Staaten ist in letzter Zeit ein enormer Rechtsruck zu beobachten, Deutschland bildet hierbei keine Ausnahme. Während sich die politische Debatte verschärft, kann eine weitere Entwicklung beobachtet werden: Aktuelle Mode-Trends werden immer leiser, traditioneller, angepasster. Handelt es sich hierbei lediglich um einen Zufall oder hängen Mode und Politik doch stärker zusammen als viele eventuell annehmen würden? Wird die Mode leiser, wenn die Welt nach rechts rückt?

von Celia Thor

Konservative Ästhetik im Höhenflug

Tradwife, Clean Girl, Old Money. Hierbei handelt es sich um aktuelle Trends, welche sich auf Tiktok oder Instagram, mittlerweile aber auch in unserem alltäglichen Leben bemerkbar machen. Während noch vor kurzer Zeit Miniröcke, knappe Shirts und viel Haut boomten, ist nun konservative Mode auf einem Hoch. Sogenannte »Tradwives« erinnern stark an Hausfrauen aus den 50er Jahren, so wird nicht nur der entsprechende Kleidungsstil wiederbelebt, sondern ebenso die damit einhergehenden Werte propagiert. Mit millionenfachen Aufrufen auf Tiktok wird dieser Trend durch Influencer:innen befeuert. Was in harmlose Ästhetik verpackt wird, hat eine tiefere politische Dimension. Es dominieren schlichte Schnitte und ruhige Farben. Es wird weniger Haut gezeigt. Die Outfits wirken zurückhaltend und passiv – genau jene Eigenschaften, welche das konservative Ideal von Weiblichkeit prägen.

Mode im Laufe der Geschichte – und was uns die angesagte Rocklänge verraten kann

Die Rückbesinnung auf konservativere Outfits ist keine Neuheit. Ein Blick auf die letzten hundert Jahre zeigt: Mit wirtschaftlich und gesellschaftlich unsicheren Zeiten verändert sich die Mode. Es wird deutlich, dass es sich hier nicht einfach nur um Trends handelt. Konservative Mode ist ein Ausdruck von Krisen oder von einem Wunsch nach Ordnung. Hier kommt zudem die »Rocksaumtheorie« von dem US-amerikanischen Ökonomen George W. Taylor ins Spiel, welche er bereits im Jahr 1926 veröffentlichte. Diese Theorie besagt, dass mit kürzer werdenden Rocksäumen die Wirtschaft wächst. Sprich, je kürzer der Rock oder das Kleid, desto besser geht es der Wirtschaft. Befindet man sich jedoch in einer wirtschaftlichen Krise, werden Röcke und Kleider wieder länger. Betrachtet man etwa die 1920er Jahre, lässt sich ein zunehmend liberaler Kleidungsstil beobachten. Mit der Weltwirtschaftskrise zum Ende der 1920er und dem Kriegsausbruch in den 30ern verändert sich auch die Mode in eine konservativere Richtung. Die Röcke werden wieder länger. Ein weiteres Beispiel ist das Aufkommen des Minirocks in den 60er Jahren. Auch hier erlebte die Wirtschaft eine Phase des Aufschwungs. In den 70ern kam es dann wieder zum Wirtschaftsabschwung, und damit erneut zu längeren Röcken. Dieses Phänomen zieht sich durch die vergangenen Jahrzehnte und verdeutlicht, wie eng Mode und gesellschaftliche Entwicklungen miteinander verbunden sind. Hierbei muss jedoch erwähnt werden, dass wir zwar Parallelen zwischen Trends und der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lage ziehen können, jedoch ist dabei immer eine Verzögerung von wenigen Jahren bei der Anpassung der Rocklänge zu beobachten.

Mehr als nur ein Trend

Wir erleben also in Zeiten der Unsicherheit eine Mode, die sich nicht viel traut. Eine Mode, die nicht einfach nur Trends folgt, sondern auch eine gewisse Haltung suggeriert und eben doch politisch ist. Handelt es sich wirklich nur um Geschmack oder werden wir leiser, unsicherer? Trauen wir uns weniger? Für viele ist der Stil gewiss lediglich rein ästhetisch, auf ein großes Ganzes betrachtet, jedoch ist das wahrscheinlich nicht unbedingt der Fall. Muss Mode wieder lauter werden, wieder mehr Haltung zeigen?


Quellen:
https://www.vogue.de/artikel/tradwifes-old-money-warum-konservative-mode-so-erfolgreich-ist
https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/kuriose-prognosen-boom-im-zeichen-des-minirocks-a-736949.html
https://www.instyle.de/fashion/hemline-index-rocklaenge-stimmung-in-der-gesellschaft

Titelbild: © Olivia Rabe

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