BookTok –  Der Hype ums Lesen

BookTok –  Der Hype ums Lesen
Junge Menschen lesen keine Bücher mehr? Dass das nicht stimmt, beweist die Plattform TikTok mit der Buchsparte BookTok, auf der vor allem Influencer: innen ein junges Publikum zum Lesen gedruckter Bücher animieren.

von Carlotta Wortmann

BookTok ist eine Community in den sozialen Netzwerken TikTok und Instagram, welche dort seit ca. 2020 Bilder und Videos ihrer gelesenen oder noch zu lesenden Bücher posten. Dabei teilen sie ihre Leseerfahrungen und kommen in den Austausch mit Gleichgesinnten. Gefunden werden kann BookTok unter Hashtags, wie #booktok, #bookrecommendations oder #readwithme. 

Sogenannte Bookfluencer: innen, also Influencer: innen, die sich in ihren Videos hauptsächlich mit Büchern und dem Lesen beschäftigen, schaffen, was Zeitungen und die Literaturbranche lange vergeblich versucht haben: Jungen Menschen fürs Lesen zu begeistern. Denn auf BookTok werden Bücher auf emotionale Weise besprochen, empfohlen und die Zuschauenden zu einem neuen Lebensgefühl inspiriert. 

Typische Inhalte: Buchempfehlungen, Lesetagebücher, »Book Hauls«, Leser: innenreaktionen und Ästhetik-Clips

Auf BookTok befinden sich mittlerweile mehr als 30 Millionen Postings und die Plattform präsentiert damit auch eine eigene Bestsellerliste: Im letzten Jahr sollen sich die darauf empfohlenen Bücher in Deutschland mehr als 12 Millionen Mal verkauft haben (siehe: Deutschlandfunk Kultur https://www.deutschlandfunkkultur.de/booktok-bringt-junge-leute-zum-lesen-und-beschert-verlagen-zuwaechse-100.html). 

Auf TikTok können Bücher aus dem Nichts zu Bestsellern werden

Die Buchbranche also Verlage, der Buchhandel und die Autor: innen profitieren von diesem Hype sehr, denn auf TikTok können Bücher auch von unbekannten Autor: innen aus dem Nichts zu Bestsellern werden. Zielgruppe der BookToker sind hauptsächlich junge Frauen, die sich besonders für die Genres Romance, Fantasy oder auch Young Adult begeistern. Aber auch Klassiker und fiktionale Romane werden auf BookTok weiterempfohlen und rezensiert. 

Die Einflüsse auf den Buchmarkt sind enorm. BookTok-Hits landen regelmäßig auf Bestsellerlisten (teilweise Jahre nach dem Erscheinen) und Buchhandlungen richten ganze BookTok-Tische ein. Verlage und Buchhandlungen (z.B. Hugendubel und Thalia) produzieren gezielt Content für die Plattform und kooperieren mit den Bookfluencer:innen. 

Abwertung der sogenannten »Frauenliteratur«

BookTok schafft viel Öffentlichkeit für die Genres Romance, Fantasy und Young-Adult –  Genres, die in der traditionell männlich dominierten Literaturkritik meist nicht gut davonkommen und belächelt werden. Autor: innen und ihre Werke aus diesen Genres werden von der Kritik und der Branche häufig pauschal als »Frauenliteratur« abgewertet, was mehr über bestehende Machtverhältnisse aussagt als über literarische Qualität. Noch immer zeigt sich ein gewisses Ungleichgewicht im Rezeptionsverhalten: Während  Frauen Bücher von Männern und Frauen lesen, greifen Männer eher zu überwiegend männliche Autoren. Die weibliche Perspektive gilt als zweitrangig und uninteressant, dabei ist sie essenziell, um gesellschaftliche Vielfalt und Erfahrungen jenseits männlich codierter Erzählmuster sichtbar zu machen.

»Frauenliteratur« und weibliche Stimmen müssen ernst genommen werden

Was lange als trivial, kitschig und literarisch irrelevant abgetan wurde, erfährt nun auf der Plattform neue Aufmerksamkeit – getragen von Leser: innen, die sich nicht mehr für ihren Geschmack rechtfertigen. Dass diese Bücher heute viral gehen, ist kein Zufall, sondern Ausdruck eines längst überfälligen Wandels. Die vermeintliche »Frauenliteratur« fordert ihren Platz ein und das nicht am Rand, sondern mitten im Literaturbetrieb. 

Lesen ist längst nicht out

BookTok zeigt: Lesen ist längst nicht out, sondern hat nur einen neue Bühne gefunden. Plattformen wie TikTok verändern nicht nur den Buchmarkt, sondern öffnen den Zugang zu Literatur für eine breite und vielfältige Leser: innenschaft. Vielleicht liegt das größte Potenzial von Booktok aber nicht im Verkaufserfolg, sondern in der Rückkehr des Lesens in Identität, Austausch und Alltag.




Buchempfehlung: Elke Heidenreich (2021): Hier geht’s lang! – Mit Büchern von Frauen durchs Leben, ISBN: 9783961611201

Bild 1: Auch Verlage wie Hugendubel und Thalia nutzen die Plattform für sich. © Carlotta Wortmann

Bild 2: Buchempfehlung von BookTokerin Leila. © Carlotta Wortmann

Bild 3: BookTokerin @evapramschuefer zeigt ihre Lieblings BookTok-Bücher. © Carlotta Wortmann

Bild 4: Auch Weekly Reading Vlogs sind auf BookTok beliebt. Dabei zeigen
BookToker: innen, wie viel und welche Bücher sie in einer Woche gelesen haben. © Carlotta Wortmann



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