All the cis ladies: Wie TERFS Feminismus exklusiv machen

J.K. Rowling ist spätestens seit den frühen 2000ern ein Weltstar – vor allem unter Harry Potter – Fans. Die 59 – jährige Schriftstellerin erschuf Ende des letzten Jahrhunderts die Geschichte des Zauberlehrlings in Hogwarts. Seit einigen Jahren dominieren die Schlagzeilen zu der Fanstasy – Autorin eine andere, nicht ganz so bekannte Geschichte: Die der sogenannten TERFS.
von Marie Odenthal
Die Abkürzung TERF kommt aus dem Englischen und bedeutet »transexclusionary radical feminist«, auf Deutsch übersetzt etwa »trans*ausschließende Radikalfeministin«. Trans* ist ein Oberbegriff, der Menschen bezeichnet, die sich nicht mit dem Geschlecht identifizieren, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde. Der Begriff TERF bezeichnet also Frauen – laut ihren selbst Radikalfeministinnen – die sich klar trans*feindlich äußern und diese Menschen von ihren feministischen Bestrebungen ausschließen. Wenn diese Überzeugung besonders ausgereift ist, fallen auch gerne Sätze wie: »There are no trans kids. No child is ›born in the wrong body.‹ There are only adults like you, prepared to sacrifice the health of minors to bolster your belief in an ideology (…)«. Diesen Post veröffentlichte Harry – Potter – Autorin J.K. Rowling 2024 auf der Plattform X. Ähnlich äußerte sich 2023 Alice Schwarzer, eine der berühmtesten Feministinnen Deutschlands: »Trans zu sein ist Mode – und gleichzeitig die größte Provokation.«
Argumente der Ablehnung
Mit solchen Äußerungen versuchen die Sprecherinnen, die Erfahrungen von trans* Menschen zu invalideren und ihnen ihre Existenz abzusprechen. Nicht nur das – sie machen Ablehnung von trans* Menschen salonfähig und unterstützen das weltweite Klima der Queer – und besonders Trans*feindlichkeit. Die konkreten Ziele der TERFs sind es, die Anerkennung von trans* Personen rechtlich sowie gesellschaftlich zu verhindern. Ein großes Thema der Bewegung sind außerdem Schutzräume für Frauen, aus denen trans* Frauen ausgeschlossen werden sollen. Um ihre Haltung zu stützen, wird oft ähnlich argumentiert: Entscheidend ist allein das bei der Geburt zugewiesene, binäre Geschlecht und die dazu passend erlernte Sozialisation. TERFs vertreten fälschlicherweise die Meinung, trans* Frauen seien in Wahrheit Männer, die vom Feminismus profitieren oder diesen unterwandern möchten. Häufig heißt es auch, dass trans* Frauen in Räumen für Frauen eine Gefahr darstellen würden und dass es daher ein feministisches Anliegen sei, Frauen vor dieser Bedrohung zu schützen. Es wird sich unter dem Deckmantel des Feminismus einer Rhetorik bedient, die trans* Personen dämonisiert und vor allem einen Fakt ignoriert: Die Gewaltraten gegen trans* Menschen sind hoch. 34% aller trans* Befragten gaben bei einer Studie der Grundrechteagentur der Europäischen Union (FRA) an, in den letzten fünf Jahren Opfer von Gewalt geworden zu sein. Wer trans* Frauen sowie ebenfalls betroffene trans*feminine, nicht – binäre und/oder inter Personen von geschützten Räumen ausschließen will, begünstigt das.
J. K. Rowling als Bösewicht
Spätestens seit April dieses Jahres ist für viele Unterstützende der trans* Community klar: J.K. Rowling ist mittlerweile selbst zum Bösewicht á la Voldemort geworden. Mitte April entschied der Supreme Court in Großbritannien, dass ab sofort nur noch das biologische Geschlecht zählt. Dadurch sind etwa trans* Frauen ab sofort rechtlich gesehen keine Frauen mehr und haben so keinen Anspruch auf Zugang zu Räumen wie etwa Frauentoiletten oder Schutzräumen. Für die queere Community ist das ein großer Rückschritt. Rowling nahm dies zum Anlass, den folgenden Tweet zu verfassen: »I love it when a plan comes together. #SupremeCourt #WomensRights« Rowling hat an die Bewegung For Women Scotland, die die Entscheidung des Falls vor Gericht vorangetrieben hat, um die 93.000 US – Dollar gespendet.
Und wenn die Lieblingsautorin aus der Kindheit sich auf einmal anstatt von Zaubersprüchen und Besenflügen lieber mit der Verbreitung ihrer ganz eigenen Ideologie beschäftigt, trifft sie dabei natürlich auf eine enorme Reichweite. Die erreichten Menschen selbst reagieren dabei gespalten: Während Rowling in den sozialen Netzwerken Verbündete hat, die sie feiern, sind viele Harry – Potter – Fans von ihrer transphoben Haltung tief enttäuscht.
Für wen ist Feminismus?
Wichtig ist, wenn über Feminismus gesprochen wird, immer die Frage: Für wen soll Feminismus kämpfen? Trans* Frauen sind Frauen und sie erleben geschlechterspezifische Diskriminierung. Feminismen richten sich gegen solche Diskriminierung und setzen sich dafür ein, dass alle Menschen gleich sind, und zwar unabhängig von ihrem Geschlecht. TERFs bezeichnen sich selbst als Feministinnen und versuchen, ihren Feldzug gegen trans* Personen damit zu rechtfertigen. Ob es dabei wirklich immer um Feminismus geht, bleibt fraglich – vor allem weil einige der Argumente sich eher nach Rechtskonservatismus als nach Fortschrittlichkeit anhören.
Es bleibt kein Zweifel: Echter, intersektionaler Feminismus muss trans* Personen miteinschließen, ganz nach dem Motto »sisters, not cisters«.
Titelbild © Olivia Rabe
Quellen:
https://www.bundesverband-trans.de/wp-content/uploads/2024/04/Broschuere_TERFs_2024_web.pdf
Kolumnenleitung von »Feminis:muss« und »Queer&Jetzt« – Studentin der Politikwissenschaft und Philosophie