Wie viel Moldova passt in eine Woche Mensa?

Wie viel Moldova passt in eine Woche Mensa?
Die Mensa begibt sich auf kulinarische Reise nach Moldova – mit überraschenden Ergebnissen. Was war authentisch, was eher bayerisch interpretiert, und wo blieb der Geschmack? Charlottes und Annas Selbstversuch in der Europawoche – voller Fragezeichen, Tomatensoße und einem Hauch Fernweh.

»Kennen Sie eigentlich Moldova?«

Diese Frage steht im Zentrum der Europawoche des Europaeums, die jedes Jahr mit vielfältigem Programm Einblicke in osteuropäische Länder ermöglicht. Neben spannenden Vorträgen, Ausstellungen und Diskussionsrunden ist auch die Mensa on board – und schickt uns auf eine kulinarische Entdeckungsreise mit moldawischen Spezialitäten.  Schnell wird klar: Nein, wir kennen das kleine Land zwischen Rumänien und der Ukraine kaum. Umso besser, dass in dieser Woche nicht nur geistige, sondern auch geschmackliche Weiterbildung möglich ist.

Fleischball im Paprikamantel

Die Woche startet mit Ardei umpluti, laut STWNO eine gefüllte Paprikaschote. Was uns an der Mensaausgabe erwartet, ist allerdings eher ein Fleischball im Paprikamantel auf Tomatensoße mit Kartoffelbrei. Statt einer lockeren Hackfleisch-Reis-Füllung enthält die Paprikaschote eine Mischung, die an eine Fusion aus Fleischpflanzerl und Bratwurst erinnert. Auch der mit Schnittlauch geschmückte Kartoffelbrei verleiht dem Gericht eher eine bayrische Note, kann aber geschmacklich punkten. Zu einer wahren Mensamahlzeit wird das Gericht erst durch die dominante Tomatensoße. Nach kurzer Recherche fragen wir uns außerdem, inwiefern die Tomatensoße-Kartoffelbrei-Kombination den landestypischen Beilagen Sauerkraut oder Brot gerecht werden kann. Insgesamt hinterlässt das Gericht bei uns beiden einige Fragezeichen.

Găluște gesucht, Pasta gefunden

Neugierig greifen wir beim zweiten Gericht zu Papricaș de porc cu găluște. Serviert wird heute ein Teller mit einer großzügiger Portion Nudeln, einer ordentlichen Kelle Gulasch und etwas Grünzeug on top. Der erste Bissen überzeugt: Zartes Schweinefleisch in einer aromatischen Paprikasoße sorgt für ein solides Geschmackserlebnis. Nur die Nudeln sind nach Mensa-Art leicht überkocht. Unsere Recherche ergibt, dass das Gericht traditionell mit Grießklößchen (găluște) serviert wird, was den Unterschied zur deutschen Gulaschvariante stärker hervorgehoben hätte. Insgesamt kann es aber geschmacklich punkten und wir haben den Eindruck, der moldavischen Küche zumindest einen kleinen Schritt näher zu kommen.

Chili sin Carne mit Moldova-Ambitionen

Zur Wochenmitte steht Alivenci moldovenesti auf dem Speiseplan. Auf unseren Tabletts landet somit ein Eintopf aus zweierlei Bohnen, eine Polentaschnitte und ein paar große Blätter Petersilie. Nach genauer Betrachtung enthält die Schnitte einige Stückchen Feta, die einen Hauch von Würze beisteuern. Mit jedem Löffel des Eintopfs erinnert dieser mehr an ein mensatypisches Chili sin Carne, was uns erneut zur Nachforschung anregt. Tatsächlich gibt es viele Varianten des Alivenci, unter anderem auch süße Versionen mit Zimtzucker, Obst oder Sahne. Bohneneintopf gehört hingegen nicht zu den traditionellen Beilagen, auch wenn Bohnen per se ein wichtiger Bestandteil der moldovischen Küche sind – hier können wir also ein Auge zudrücken. Geschmacklich schickt uns das Gericht nicht auf die erhoffte Reise und wir würden uns für die nächste Verkostung eine der süßen Versionen wünschen.

Man sieht sich immer zweimal im Leben

Den krönenden Abschluss der Woche bildet für uns Sarmale în foi de varză murată, eine mit Paprikasoße und Reis servierte Kohlroulade. Diese Mensa-Seltenheit empfinden wir als angenehm sauer und aufgrund ihrer Wicklung optisch recht ansprechend. Doch beim Aufschneiden begrüßen wir einen unerwünschten alten Bekannten: Sagt erneut »Hallo!« zu dem Fleischball von Montag, der sich lediglich an die längliche Rouladenform angepasst hat. Die heutige Beilage hingegen überzeugt. Hervorragend abgeschmeckter Reis mit Zwiebeln und Gemüsestückchen trifft auf geschmacklich starke, mollig-warme und würzige Paprikasoße. Schnell ist klar: Wir haben eine Favoritin!

Fazit

Die Gerichte waren tendenziell teuer und sehr fleischlastig, was vermutlich viele vom Kauf abgehalten hat. Kleiner Tipp: Wer sich trotzdem geschmacklich auf Moldova einlassen möchte, findet im Internet viele Rezepte zu vegetarischen Versionen der Gerichte!

Für alle, die beim Essen neugierig geworden sind, haben wir noch ein paar kleine FunFacts über Moldova parat. Erst einmal herrscht große Verwechslungsgefahr: Moldau, wie Moldova auch genannt wird, ist nämlich zusätzlich der Name für gleich zwei europäische Flüsse. Nur einer davon fließt jedoch tatsächlich durch Moldova. Hat man diese Hürde überwunden und das richtige Reiseziel gebucht, kann man dort den längsten Weinkeller der Welt bestaunen: Auf 55 der 200 Kilometer einer alten Mine werden zahlreiche Qualitätsweine gelagert, für die Moldova international bekannt ist. Da man die Mine sogar mit dem Auto befahren darf, kann man nebenbei im Radio zu »Dragostea din tei« von der moldawischen Band O-Zone viben, die sich 2004 für 14 Wochen auf Platz eins der deutschen Single-Charts halten konnte. Mit »maia-hii, maia-huu, maia-hoo, maia-haa« im Ohr kann die restliche Entdeckungstour des Landes ja nur noch gelingen.

Trotz dieses Gute-Laune-Songs war unsere persönliche Mensa-Moldova-Reise mit Höhen und Tiefen verbunden: Eine Woche bewegten wir uns zwischen Fragezeichen im Bauch und kulinarischem Traum. Das Ganze war offensichtlich keine authentische Erfahrung, die Gerichte wurden häufig neu interpretiert und damit mensatauglicher gemacht. Trotzdem fühlen wir uns nach dieser Erfahrung der moldovischen Essenskultur ein bisschen näher. Die Mensa hat uns vielleicht nicht an den Tisch einer moldovischen Familie gesetzt, aber zumindest durften wir mal einen Blick hinein durchs Fenster werfen.

Wie fandet ihr die Moldova-Mensa-Woche?

von Anna König und Charlotte Schmidt


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