»Margot Friedländer«

»Margot Friedländer«
Holocaustüberlebende, Zeitzeugin, eine Stimme der Erinnerung – Margot Friedländer. Eine beeindruckende Frau, die Unsägliches erlebte und dennoch immer an das Gute im Menschen glaubte, ist nun mit 103 Jahren verstorben. Ihre Botschaft bleibt. 

von Celia Thor

»Versuche, dein Leben zu machen.« Hierbei handelt es sich um die letzte Botschaft, die Margot Friedländers Mutter ihr mitgab. Am 20. Januar 1943 nimmt die Gestapo Margots Bruder Ralph in der gemeinsamen Wohnung in Berlin fest, die Mutter ist zwar zu dem Zeitpunkt nicht anwesend, trifft jedoch direkt den Entschluss, ihrem Sohn nicht von der Seite zu weichen. Margot ist nicht zu Hause, ihr wird später von einer Bekannten überbracht, was passiert ist. Sie war diejenige, die der damals 21-jährigen die soeben genannten prägenden Worte weiterleitete. Ihre Mutter und ihren Bruder sieht Margot nie wieder, später wird klar, dass sie in den Gaskammern in Auschwitz ermordet wurden.

Die jüdische Holocaustüberlebende wurde am 5. November 1921 in Berlin geboren. Nach der Scheidung ihrer Eltern lebt sie mit ihrem Bruder bei der Mutter, mehrfache Versuche der Auswanderung bleiben erfolglos. Noch am Tag der Verhaftung des Bruders taucht Margot unter und lebt so 15 Monate lang versteckt in Berlin. Insgesamt 16 Mal wechselt die junge Frau ihre Unterkunft. Im April 1944 wird sie dennoch gefasst. Sie wird schließlich ins Konzentrationslager Theresienstadt deportiert, wo sie ihren zukünftigen Ehemann Adolf Friedländer wieder trifft. Die beiden kannten sich schon vorher aus Berlin. Sie überleben und emigrieren 1946 gemeinsam nach New York, wo Margot im Endeffekt über 60 Jahre leben wird ohne sich dort jemals richtig zuhause zu fühlen. Adolf stirbt 1997. Erst im Jahr 2003 kehrt Margot Friedländer das erste Mal wieder nach Deutschland zurück. 2010 beschließt die mittlerweile 88-Jährige, endgültig nach Berlin zurückzukehren und fühlt sich viel mehr zuhause, als es in New York jemals der Fall war. »Ich bin hier geboren, ich fühle mich als Berlinerin. Ich sage immer, ich bin mit Spreewasser getauft – auch wenn ich nicht getauft bin. Ich liebe Berlin, ich liebe meine Heimat. Ich gehöre hierher wie alle anderen Deutschen auch, vielleicht sogar noch mehr.«

»Für meine Botschaft brauche ich nicht viele Worte. Es gibt kein christliches, jüdisches oder muslimisches Blut. Es gibt nur menschliches Blut. Wir sind alle gleich. Seid Menschen.« Mit solchen prägenden Worten macht sie es sich zur Mission, als Zeitzeugin diverse Einrichtungen, aber vor allem Schulen, zu besuchen und dort ihre Lebensgeschichte weiterzugeben. Ihre Mission war, die Erinnerungen an die Gräueltaten der Zeit des Nationalsozialismus wachzuhalten, damit sich die Geschichte nicht wiederholt. 

Margot Friedländer zeigte, wozu Menschen und Hass fähig sein können.  Sie selber hasste nicht, war nicht verbittert. Beeindruckend, in Anbetracht der unvorstellbar schrecklichen Erlebnisse, die die Holocaustüberlebende erleiden musste. Am 9. Mai 2025 verstarb Margot Friedländer mit 103 Jahren am gleichen Ort, an dem sie das Licht der Welt erblickte. Nun liegt es an uns allen, ihre Geschichte weiterzuerzählen, ihr Vermächtnis weiterzutragen. Dieses darf nicht mit ihrem Tod enden. »Was war, können wir nicht mehr ändern, aber es darf nie wieder geschehen.« 


Titelbild © Olivia Rabe

Quellen:

https://www.abendblatt.de/politik/article408231787/margot-friedlaender-ihre-liebe-zu-den-menschen-war-immer-zu-spueren.html

https://www.mz.de/deutschland-und-welt/deutschland/seid-menschen-holocaust-uberlebende-friedlander-ist-tot-4046735

https://www.welt.de/vermischtes/prominente/article256096112/Holocaust-Ueberlebende-Margot-Friedlaender-ist-tot.html

https://www.morgenpost.de/politik/article408231787/margot-friedlaender-ihre-liebe-zu-den-menschen-war-immer-zu-spueren.html

+ posts

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert