»Die wunderbaren Jahre« – Musiktheater von Torsten Rasch

Das Musiktheater »Die wunderbaren Jahre« von Torsten Rasch spielt seit dem 23. Februar im Regensburger Theater am Bismarkplatz. Das Werk ist inspiriert von Reiner Kunzes gleichnamigem Buch, das im Jahr 1976 erschien. Es vereint die Stimmen einer in der DDR aufwachsenden Generation. Die Lautschrift war zu Besuch bei der Aufführung am 26. Februar, bei der auch Autor Reiner Kunze und Vertreter:innen der Reiner-Kunze-Stiftung anwesend waren.
von Aaliyah Meier und Sophie Stigler
Ein Überblick
Kunzes Werk erschien in der BRD und beruht auf 100 Interviews mit Kindern, Lehrlingen und Soldaten und zeichnet ein objektives, aber auch eindringliches Bild des Lebens in der DDR. Zusammengefasst: »Die wunderbaren Jahre«, die einer jungen Generation geraubt worden sind. Aufgrund seiner kritischen Darstellung wurde das Werk dort verboten.
Die Verbindung von Kunzes Werk und den Volksliedern der DDR war ein neuer, intuitiv entstandener Ansatz. Die Regisseurin Sabine Sterken und der musikalische Leiter John Spencer haben mit ihrem Team eine Inszenierung geschaffen, die die einzelnen Szenen der literarischen Vorlage verbindet und daraus eine verständliche, chronologische Geschichte mit sinnbildlichem Charakter formt.
Die Kompositionen nutzen eine vielfältige, bildhafte Klangsprache, die Verfremdungseffekte und die Integration von Volksliedern einschließt. Dabei reflektiert die Musik die Funktionalität und Ideologie des damaligen Systems und kommentiert die Atmosphäre der DDR. Die Darbietung umfasst eine Sprecherin (Franziska Sörensen), drei Sänger:innen (SOPRAN: Henriette Schein / Sophie Bareis; MEZZOSOPRAN: Svitlana Slyvia; BASS: Jonas Atwood) und ein kleines Orchester.
Musiktheater trifft auf Geschichte
Dem Stück gelingt es, die kurzen, unabhängigen Abschnitte der ursprünglichen Interviews durch Musik, Inhalt und Bühnenbild in einem Musiktheater zu vereinen. Für das Gesamtbild nutzt der Dresdner Komponist Thorsten Rasch drei musikalische Ebenen. Dazu zählen die Lyrik, die instrumentalen Zwischenspiele, sowie die Umformung der genutzten Themen- und Volkslieder. Das Lied »Unsere Heimat« enthält zum Beispiel die ideologisch angestrebte Perfektion der DDR, wobei die musikalische Begleitung die wahrhaftigen Bedingungen untermalt. Dieses Musiktheater thematisiert die traurige Wahrheit der deutschen Geschichte, die immer noch eine große Rolle spielt.
Das Stück beleuchtet auch die persönlichen Erfahrungen des Kreativteams mit der DDR. In der Matinée und Nachbesprechung teilten die Mitwirkenden einige ihrer persönlichen Erlebnisse. Dort erzählt Torsten Rasch zum Beispiel auch über eine einzigartige Reise nach Spanien in den 1970er-Jahren, was für DDR-Bürger:innen eine Seltenheit war. Gleichzeitig waren offizielle Chöre und Orchester für die DDR wirtschaftlich rentabel, weshalb eine gewisse Reisefreiheit gewährt war, solange Rückkehrzahlen stabil blieben. Dennoch galten Geflüchtete als Verräter.
Der Mauerfall vereinte das Land, hinterließ aber auch Spuren, die sich auch heute noch in politischen Strukturen ermitteln lassen. Die Nachbesprechung des Stückes beinhaltete einen Meinungsaustausch über die politische Spaltung Deutschlands, die sich laut aktuellen Wahlergebnissen auch geographisch wiederfinden lässt. Somit wird die vergangene Thematik totalitärer Systeme nun wieder ein hochaktuelles Interessenfeld, welches sich unter anderem mit den Konsequenzen der DDR auseinandersetzt. Zu den Auswirkungen der totalitären Systeme werden außerdem, durch die Mithilfe der Reiner-Kunze-Stiftung, Vorlesungen an der Universität Passau und vereinzelt der Universität Regensburg angeboten.

Jonas Atwood, Sophie Bareis & Svitlana Slyvia
© Tom Neumeier Leather
Falls euch also die Auseinandersetzung mit der Emotionalität einer unterdrückten Bevölkerung in der DDR interessiert oder ihr einen interessanten, politischen Einstieg in das Musiktheater erfahren wollt, können wir euch dieses Stück auf jeden Fall weiterempfehlen.
Titelbild © Tom Neumeier Leather
Autorenbesuch bei »Die wunderbaren Jahre«: Chefdramaturg Ronny Scholz, Autor Reiner Kunze und Intendant Sebastian Ritschel
Diese Veranstaltung wurde mit Pressekarten besucht.