»Richard III« – eine Tragödie mit Tücken

»Richard III« – eine Tragödie mit Tücken

Im Chaos der momentanen Pandemie werden Gesellschaft und Politik an den Rand ihrer Vernunft gedrängt. Misstrauen, Widerreden und Populismus sorgen in einigen politischen Parteien für Unruhen. Doch zum Glück gibt es ein Ventil für Kritik: das Theater. Unter der Regie Georg Schmiedleitners eignet sich das durch Gabriella Bußacker und Jan Bosse übersetzte und bearbeitete Theaterstück »Richard III« von William Shakespeare ideal, um darzustellen, was in Zeiten des Umbruchs auf uns zukommen mag.

von Andreas Hopfauf

Das Theater Regensburg scheint gefallen daran zu finden, seinem Publikum moderne Inszenierungen von jahrhundertealten Theaterstücken, Texten und Opern zu präsentieren. Diesem Motto folgt auch das Stück »Richard III«, das am 13. November im Theater am Bismarckplatz seine Premiere feierte. 

Zum Stück

Das chronologisch letzten Stück Shakespears zur Beschreibung des englischen Bürgerkriegs zwischen den Häusern Lancester und York thematisiert Richard Gloucesters Gier nach Macht, Ruhm und seinen Drang, König von England zu werden.

Richard Gloucester III (Guido Wachter) ist Bruder des amtierenden Königs von England Edward IV. (Gerhard Hermann) und giert nach dessen Thron. Ihm im Wege stehen König Edwards Sohn, Prinz Edward (Kristóf Gellén), der rechtmäßige Thronfolger, dessen Bruder Richard von York (Verena Maria Bauer) sowie Richard Gloucesters älterer Bruder George Clarence (Gero Nievelstein). Auch die Königin Elizabeth (Katharina Solzbacher) äußert im Verlauf der Handlung Zweifel an den »gutherzigen« Plänen Richards und kommt ihm in die Quere. 

An Richards Plänen beteiligt sich eine sorgfältig ausgewählte Gruppe aus Vertrauten. Zusammen schmieden sie Intrigen und Anschläge gegen die Mitglieder der Königsfamilie, erzwingen eine Polarisierung des Volkes durch den Bürgermeister Londons (Gerhard Hermann) und führen mehrere Ermordungen durch. Zum König gekrönt, ordnet Richard an, jegliche übriggeblieben Personen, die ihm seien Thron streitig machen können, zu ermorden. Mit seinen wenigen Verbündeten sichert sich Richard seine Macht.

Inzwischen sammelt sich jedoch gegen Richard III vermehrt Widerstand aus Frankreich. Eskalierend in einer finalen Schlacht bei Bosworth fällt Richard und stirbt als letzter König der englischen Geschichte. Seinen Platz nimmt Richmond aus dem Haus Lancester (Kristóf Gellén) ein, der die Prinzessin Elizabeth (Jessica Leier) heiratet und die Tudor-Dynastie einleitet.

Guido Wachter, Kristóf Gellén und Ensemble ©Martin Sigmund

Wie inszeniert man solch ein Drama?

Kenner:innen Shakespeares finden sich in diesem recht verwirrenden Theaterstück sicherlich leicht zurecht, mir fiel es jedoch schwer bei konstant rotierender Rundbühne, der poppigen Szenerie und den zu ausgefallenen Kostümen, der Handlung zu folgen. Das von Stefan Brandtmayer entworfene Bühnenbild imponiert durch seine Schlichtheit und schafft Festivalfeeling. Ob das nun zu einem vor hunderten von Jahren entstandenem Theaterstück passt, ist fragwürdig. 

Was mich jedoch faszinierte, war die ausgeklügelte Arbeit mit der rotierenden Rundbühne. Hier hat man es – unter der Regie von Georg Schmiedleitner und einem abgestimmten Ensemble – geschafft, ein ästhetisch und choreographisch ansprechendes Werk zu kreieren, das darstellt, wie abgedreht der Machtaufstieg Richard III war. Auch die schauspielerische Leistung Guido Wachters (Richard III) muss separat gelobt werden. In seiner Rolle als Schurke und Tyrann bezauberte er das Publikum und schuf Empathie für diese moralisch abstoßende Kreatur. Mit E-Bass und Gesang begleitete Amelie-Marie Richarz live das Schauspiel.

Schließlich will ich noch auf die Kostümwahl eingehen. Jogginganzüge, Geister in weißen Dessous und viel nackte Haut, was war denn da los? Die von Cornelia Kraske gewählten Kostüme riefen in mir nicht nur einmal ein Gefühl von Fremdscham hervor. Wer beschließt, sich diese Inszenierung eines Shakespeare-Werks anzusehen, sollte seine Erwartungshaltung gegenüber den Kostüme der Schauspieler:innen, niedrighalten. 

Fazit

Die Aufführung von »Richard III« im Theater am Bismarckplatz ist zu Beginn ein Schock für Liebhaber:innen klassischer Shakespeare-Tragödien. Doch lässt man sich einmal auf diese Erfahrung ein, so bekommt man hier ein grandioses Spektakel mit ansprechendem Bühnenbild, großartigen Schauspieler:innen und exzellenter Live-Musik geliefert.

Karten für »Richard III« können auf der Website des Theaters Regensburg gekauft werden.

Beitragsbild: Amelie-Marie Richarz und Guido Wachter. ©Martin Sigmund

One thought on “»Richard III« – eine Tragödie mit Tücken

  1. „Viel nackte Haut“ ist ja eine sehr diplomatische Umschreibung. Ich habe nicht schlecht gestaunt, als sich Guido Wachter plötzlich vor aller Augen ausgezogen hat. Ich saß in der ersten Reihe und er kam dann auch noch bis vor an den Bühnenrand, so dass sein beschnittener Penis direkt vor meiner Nase baumelte… Unerwartet. Gewöhnungsbedürftig. Sicher nicht jedermanns Sache.

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