Wohnsinn-Kolumne: Neue Hobbies finden

Wohnsinn-Kolumne: Neue Hobbies finden

Wenn der Lockdown dazu einlädt, neue Hobbies zu finden, sage ich nicht nein. Die Ergebnisse sind allerdings durchwachsen. Die Konstante ist aber das Nicht-allzu-ernst-nehmen der Aktivität.

von Linnea Janke

Nach fast einem dreiviertel Jahr durfte ich wieder »babysitten«, wobei dieses Wort nicht im Ansatz beschreibt, welch Wirbelwinde die drei Kinder sind, die ich wöchentlich betreue. Denn nach so einer langen Zeit der Funkstille ist es doch eine ganz andere Erfahrung, wenn drei Kinder gleichzeitig auf mich einreden, um mir eine lebhafte Zusammenfassung der letzten Monate zu geben.

Und ich muss zugeben: Ich bin an diesen Lärmpegel nicht mehr gewöhnt.

Neun Jahre habe ich jetzt schon Kinder betreut in den verschiedensten Altersgruppen. Aber die letzten 18 Monate – oder drei online Unisemester je nach dem, wie die Zeit gemessen werden möchte – in denen ich in meiner Wohnung allein sein musste, haben mich verändert.

Eineinhalb Jahre lang habe ich meine Kontaktpersonen auf eine Person alle vierzehn Tage beschränkt, ausgeschlossen die Kassiererin bei real jeden Montag. Mein Lebensmitteleinkauf war das Highlight der Woche für mich. Und obwohl es sicherlich einige verwundern mag, war ich nicht unzufrieden damit. Im Gegenteil: Ich habe mich in meiner Wohnung wohl gefühlt und der Lockdown hat mir die Möglichkeit gegeben, endlich mit all den Aktivitäten aufzuholen, die ich schon immer mal ausprobieren wollte, aber nie die Zeit dafür hatte.

Klavier spielen? Mit dem passenden Geldbeutel, den ich nicht habe, sicher kein Problem. Bis dahin bleibt die kostenlose Testversion der App, die mir täglich fünf Minuten lang Noten zum Üben gibt. »Alle meine Entchen« kann ich aber immer noch nicht. Selbstgemachtes Brot backen? Dauerte länger als ich gedacht habe und geschmeckt hat es auch nicht; lag wahrscheinlich am falschen Mehl. Wer mir übrigens sagen kann, wo ich Roggenmehl Typ 1150 finde, dem*der wäre ich sehr dankbar! Nähen lernen? Nach mehreren Wutanfällen, den Faden durch die Nadel zu fädeln, bin ich nun stolze Besitzerin von zwei selbstgenähten Boxershorts für Frauen. Mehr wird’s wahrscheinlich auch nicht werden. Zugegeben, die Ergebnisse können sich nicht alle sehen lassen, aber Fakt ist: Ich habe ausschließlich das getan, worauf ich Lust hatte und schnell festgestellt, dass Menschenmassen nicht wirklich dazuzählen.

Was also tun, wenn drei Kinder (ja, ich sehe drei Personen mittlerweile als Menschenmasse an) gleichzeitig auf einen einreden? Richtig, sie auspowern. Mit Gartenarbeit. Wollte ich auch schon immer mal ausprobieren, seit es bei Die Sims so einfach ausgesehen hat. Mit Überzeugung kann ich also sagen: Die Sims haben gelogen. Einen Spaten zu verwenden ist alles andere als einfach, was sicherlich auch daran liegt, dass ich als Großstadtkind vorher noch nie einen angefasst habe. Dennoch kann ich jetzt stolz »ein Tiefbeet anlegen« auf meine Liste »Dinge, die ich während des Lockdowns ausprobiert habe« setzen, auf der darunter im Kleingedruckten der Hinweis steht: »und noch nicht weiß, ob sie es wert waren«.

Eine Bewertungsskala folgt noch.

 

Die nächste Wohnsinn-Kolumne gibt es dann in einer Woche von unserer Gastautorin Ola.

Beitragsbild: Sandie Clarke | Unsplash

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