How to Survive Lockdown 2.0: Ranch It Up! with »The Eric Andre Show«

How to Survive Lockdown 2.0: Ranch It Up! with »The Eric Andre Show«

Allen, denen in diesen grauen Tagen ohne viele soziale Kontakte schön langsam die Decke auf den Kopf fällt und deshalb ein richtig gutes Ablenkprogramm brauchen, sei geholfen. Im Angebot hätte ich da »The Eric Andre Show«, eine geniale Talk Show der Cringe-Superlative,  durchzogen mit unzähligen WTF-Momenten, der ein oder anderen »Make! It! Stop!«-Bitte und einem ganz großen Dada-Vibe. Bird Up!

von Celina Ford

Vor einiger Zeit habe ich für die digitale Heftausgabe der Lautschrift einen Artikel über Memes und die positiven Effekte des Lachens in schwierigen Situationen geschrieben. Heute melde ich mich quasi mit einem Nachtrag. Ich weiß nicht, ob es nur mir so geht, aber den zweiten Corona-Lockdown spüre ich irgendwie doch mehr als den vorherigen im Frühjahr. Deshalb habe ich mich auf die Suche nach einem guten Outlet gemacht und bin dabei auf pures Gold gestoßen: In letzter Zeit habe ich kaum lauter gelacht als beim Streamen von »The Eric Andre Show«.

Die Sendung des Comedian Eric Andre läuft seit 2012 beim US-Kabelsender Adult Swim und ist mittlerweile in ihrer fünften Staffel angekommen. Anders als in den USA hat Adult Swim in Deutschland noch nicht ganz den Mainstream erreicht. Den Sender, der nur zwischen 21 Uhr und 6 Uhr sein Programm ausstrahlt, gibt es aber schon seit 2001. Adult Swim richtet sich, wie der Name schon verrät, vor allem an ein erwachsenes Publikum zwischen 20 und 40 Jahren mit einem Faible für absurden Humor. Der Sender überträgt Cartoons wie »Rick & Morty« oder »Robot Chicken« und Live-Action-Shows wie »Your Pretty Face Is Going To Hell«, »Tim And Eric Awesome Show, Great Job!« und eben auch »The Eric Andre Show« und ist damit ziemlich erfolgreich.

Was alle Shows neben ihrem Sendeplatz auf Adult Swim gemeinsam haben, ist, dass man* eine gewisse Toleranz für low-budget Productions, fragwürdige Witze und auch eine feurig lodernde Liebe für Cringe mitbringen muss. Wer jedoch hinter all diese Anforderungen einen Haken setzen kann, wird nie mehr etwas anderes als Adult Swim-Shows sehen wollen, denn es gibt schlicht und ergreifend einfach kein Pendant dazu.

Eric Andre, der ultimative Anti-Talk-Show-Host

Wenn man* beide Augen fest zudrückt, ist »The Eric Andre Show« eine Talk Show. Es gibt einen Einspieler, einen Monolog am Anfang der Show, gewöhnlich zwei Interviewgäst*innen, Straßenpranks und einen musikalischen Act am Ende der Sendung. Der Unterschied: Wo normale US-Talk Shows – wie die von Jimmy Kimmel oder Conan O’Brien – gut eine Stunde dauern können, ist »The Eric Andre Show« spätestens nach zwölf Minuten wieder vorbei. Ja, richtig gelesen. Eric Andre und sein Co-Host Hannibal Buress spielen all die üblichen Talk Show-Segmente in einem Bruchteil der Zeit durch.

Das schaffen die beiden, indem sie das gesamte Konzept von Talk Shows auf den Kopf stellen und sie im Grunde parodieren. Das beginnt schon damit, dass Andre – der bisher in allen Staffeln sein Äußeres verändert hat – jeden Einspieler dazu verwendet, um das gesamte Set auf die verrückteste Art und Weise aufs Neue zu zerstören. Der Rest der Sendung interessiert sich auch nicht für die üblichen oberflächlichen Nettigkeiten, die sonst zwischen dem Host und den Gäst*innen ausgetauscht werden. Stattdessen hat es sich Andre zu seiner Lebensaufgabe gemacht, anderen auf den Schlips zu treten und um alles, was irgendeinen Sinn ergeben würde, einen großen Bogen zu machen.

Dabei ergänzen sich Eric Andre und sein Sidekick Hannibal Buress in ihren Energien perfekt: Andre spielt den vollkommen schamlosen Narr und Buress als Ausgleich den spitzzüngigen Apathischen. Beide sind zudem unglaublich profan, was die Show teilweise in ein echtes Bleep-Fest verwandelt. Vor allem Andre scheut sich auch nicht davor, die Hälfte der Zeit blank zu ziehen und den ein oder anderen Spaß aus Erbrochenem zu machen. Wie gesagt, man* muss hier auch über die blödesten Witze lachen können.

»The Eric Andre Show« ist durch ihre Machart eine Sendung, die daran zweifeln lässt, ob man* wirklich in einem nüchternen Zustand ist. Neben einer rasend schnellen Schnitttechnik, zweitklassigen Soundeffekten und grottenschlechten Graphics lässt sich der Tenor der Show am besten als ein Mix des Films »Borat« (2006), den surrealen Werken von David Lynch und der Serie »Jackass« (2000-2002) beschreiben. Wie man* sich das vorstellen muss? Das kann zum Beispiel in eine Unterhaltung ausarten, bei der Eric Andre seine Füße seelenruhig in einer Wanne gefüllt mit Spaghetti badet. Alternativ kann sich das auch in einem Prank widerspiegeln, wo Andre als Polizist verkleidet mit Handschellen um einen Pfosten gekettet ist und die Passanten verzweifelt anfleht, ihm wenigstens wieder die Hosen hochzuziehen.

Nihilismus: Die Bedeutung der Bedeutungslosigkeit

Eric Andre ist Comedian, Schauspieler, studierter Musiker und überzeugter Nihilist. Das ist auch die Erklärung dafür, weshalb alle Showsegmente so unglaublich unsinnig sind. Sie machen wirklich absolut keinen Sinn. Auch die Interviews, teilweise mit bekannten Gäst*innen wie Jack Black, Mel B, Dennis Rodman, Wiz Khalifa oder James van der Beek, zielen nicht darauf ab, für einen neuen Film oder ein neues Album zu werben, sondern den Menschen hinter der Glamour-Maske zu sehen. Das schafft Eric Andre, indem er teilweise einstündige und unglaublich anstrengende Interviews führt und die Gäst*innen in unangenehme und aberwitzige Unterhaltungen verwickelt, die dann aber auf nur zwei Minuten zusammengeschnitten werden. Selbst die Pranks dienen laut dem Comedian nicht dazu, unbeteiligten Menschen auf der Straße den Tag zu erschweren, sondern um diese aus ihrer Monotonie herauszureißen und ganz im Sinne des Nihilismus ein Reminder dafür zu sein, wie absurd das Leben eigentlich ist und dass nichts eine tiefere Bedeutung hat.

Eric Andre als Ranch-Advokat. © YouTube

Vor allem die zwei wiederkehrenden Skits »Ranch It Up!«, wo Andre wie ein vollkommenen verstrahlter Raver versucht, Passanten für die Legalisierung von Ranch-Soße zu sensibilisieren, und das »Bird Up!«-Segment, in dem Andre in einem Greensuit und einem Plastikvogel auf der Schulter nichtsahnende Menschen veräppelt, gehören zum absolut Absurdesten, was je über die Bildschirme geflackert ist. Mein persönliches Highlight ist jedoch Andres Besuch auf der Republican National Convention (RNC) im Jahr 2016, wo er den ultrarechten Verschwörungstheoretiker Alex Jones zum Narren hält und dabei gleichzeitig die Idiotie von ihm und seinen Anhänger*innen entlarvt.

Mit dem bis zum absoluten Anschlag aufgedrehten Cringe-Regler ist »The Eric Andre Show« die perfekte Comedy Show, um den derzeitigen realen Wahnsinn für eine kurze Zeit zu vergessen. Und wer dann immer noch nicht genug hat, sollte gleich mit Andres Netflix-Special »Legalize Everything« weitermachen oder dessen Musikprojekt Blarf eine Chance geben.

 

Titelbild: © Reelgood

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