Wohnsinn-Kolumne: Toxic, Baby!

Wohnsinn-Kolumne: Toxic, Baby!

Okay, ich geb’s ja zu: Nach Zeiten der strikten Ausgangssperre und Quarantäne ist das Thema Corona totgeschrien; der Geist dessen sickert mittlerweile nur noch in jedem zweiten oder dritten Magazin durch. Allmählich normalisiert sich wieder alles. Nun ja, fast alles: Während die einen hinter ihren Atemmasken zittern, lachen die Anderen. Nicht selten über die, die zittern. Und ich? Ich mache mir Gedanken über mein Umfeld.

von Kati Auerswald

In Zeiten wie der Pandemie wurden viele Freundschaften und Beziehungen auf eine harte Probe gestellt: Die einen sind näher zusammengerückt, andere komplett von der Bildfläche verschwunden. Ich denke über die Menschen nach, die besonders in Zeiten der Isolation den Kontakt zu mir gesucht haben – eben, weil man sich nicht mehr persönlich sehen konnte. Und ich denke über die Freundschaften nach, die enden mussten, weil sie einfach toxisch für mich waren.

Seit Beginn dieser Krisenzeiten besinne ich mich auf die guten Seiten, anstatt über etwas zu jammern, das man nicht ändern kann. Ich war froh über den Stillstand, der jetzt in vielen Lebensbereichen nachwirkt. Froh, endlich mal Zeit zum Luftholen gehabt zu haben und mich neu zu besinnen. Und ich kann nicht anders, als mich darüber zu freuen, dass viele Menschen anfangen, umzudenken und ihr Leben neu gestalten; jetzt wo langsam wieder alles hochfährt. Das fängt damit an, dass Viele jetzt langsamer gehen und nicht mehr so rennen und durch die Straßen hetzen. Viele zeigen mehr Verständnis für den Einzelhandel und freuen sich mehr über die Produkte, die sie (zum Teil wieder) im Supermarkt kaufen können, als sich über die leeren Regale zu beschweren. Mal ganz abgesehen von der verbesserten Umweltsituation: Die Luft ist sauberer, mehr Vögel zwitschern in Regensburg Straßen und Gassen und unsere Meere sind und werden sauberer.

Klar, das sind alles tolle Neuigkeiten. Aber auch über das Leben denken viele nach. Über sich selbst. Und über andere Personen. Ich sitze in meiner Studentenwohnung im Westen Regensburgs und lasse verträumt meinen Blick aus dem Fenster schweifen. Sehe, wie sich das Licht der Mittagssonne in den Blättern der großen Birke neben meinem Fenster wiederspiegelt. Höre scheinbar unzählige Vögel singen und genieße das Hier und Jetzt. Nehme diese herrliche Ruhe in mir auf. Okay, das soll jetzt keine spirituell angehauchte Wohn-Kolumne werden, aber manchmal sind es eben die kleinen Dinge im Leben: Eine Prise Glückseligkeit, Dankbarkeit und Gelassenheit, ein bisschen Freundschaft und Liebe. 

Es sind gerade die Freunde, die mich zum Nachdenken bringen. Nicht der aktuelle Stand aktiver Freundschaften – eher die, die ich im Laufe meines Lebens hatte, wovon manche hielten, während andere zum scheitern verurteilt waren. Ich komme wieder auf die Erkenntnis, dass das Leben einer Zugfahrt gleicht und immer wieder Personen in diesem Zug – der das Leben darstellt – ein- und aussteigen. Viele davon reisen viele Haltestellen lang in deinem Abteil mit; sitzen mit dir sogar in einem 4er-Sitz, während andere es keine zwei Haltestellen lang in deinem Zug aushalten. Doch der Zug hält deshalb nicht an, er fährt einfach weiter und weiter. 

Wenn sich dann plötzlich ein Lebensumstand ändert, kann es passieren, dass dieser Zug anhalten muss; weil er Ewigkeiten vor einer Zugschranke steht; sein Betrieb ausfällt oder einer der Wagons reparaturfällig ist. Erst dann sieht man oft klar. Merkt, dass einer deiner Freunde, mehrmals die Sitze und Tische in deinem Zug beschmiert hat, mutwillig Bier auf den Boden gekippt hat, Müll umhergeschmissen oder Fruchtsaft in den Tank gekippt hat, der den Zug schwer geschädigt hat. Es stimmt, dass wir die kleinen Schäden oft nicht sehen oder sie überspielen; bis sie zu einem Unfall führen oder der Zug entgleist, weil es einfach auf Dauer zu viel für ihn war. Es ist wie Gift, dass erst nach langer Zeit anschlägt; wenn es uns nicht so betäubt, dass wir es gar nicht erst merken. Wir sollten häufiger auf unser Bauchgefühl hören und unser Umfeld mustern, denn es prägt uns. Tut dir dein Umfeld gut? Bestärkt und unterstützt es dich – oder ist es toxisch?

Welche Gedanken sich Laura in ihrer Wohnung macht, erfahrt Ihr dann nächste Woche wieder.

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