Einmal Hygge zum Mitnehmen, bitte!

Einmal Hygge zum Mitnehmen, bitte!

Die richtige Lebensphilosophie zu finden ist schwer. Manchmal fragt man sich, ob man überhaupt so etwas wie einen Leitplan braucht um glücklich zu sein. Dann gibt es jedoch auch die Momente, in denen man sich darüber freuen würde, etwas zu haben, woran man sich festhalten kann, wenn man mal die Orientierung verliert. Bei einer Reise nach Dänemark und Schweden bin ich der Suche nach diesem »etwas« näher gekommen. Ein Reisebericht.

Von Celina Ford

Skandinavien. Für den einen das Nächste an einer Utopie, für den anderen eine langweilige Ansammlung von Ländern in Europa. Trotzdem versprüht dieser Teil unseres Kontinents eine magische Anziehungskraft. Sei es die Natur, die Sprachen, die Menschen – oder die Einstellung zum Leben. Alles scheint so entschleunigt, viel bedachter und schlicht und ergreifend einfach besser zu sein. Doch warum ist das so? Trägt die Masse an skandinavischen Lebensratgebern, die gerade den Buchmarkt überflutet, zu diesem Schein bei? Oder steckt doch mehr hinter den Buzzwörtern »hygge« und »lagom«, die gerade wild umhergeistern?

Nicht zu viel und nicht zu wenig

Mit zwei Freundinnen reiste ich für eine Woche nach Kopenhagen, um auch einen Abstecher in das nahe gelegene Malmö zu machen. Schon als wir den Flughafen verließen und mit der Metro zu unserer Wohnung fuhren, fiel uns auf, wie ruhig und entspannt alles schien. Keine Hektik, kein ständiges Gestarre auf das Handy – ja, echte Konversationen fanden statt. Unsere Wohnung für die Woche befand sich in Amagerbro, einem ruhigen Viertel mit vielen kleinen Cafés und Restaurants. Die Wohnung war geräumig und schön hell. Man fühlte sich Dank der Einrichtung sofort wohl. Ein blauer Ohrensessel, ein kleiner Balkon und ein Plattenspieler machten das Wohnzimmer sofort zu unserem Lieblingsraum in der Wohnung.

Am Tag nach unserer Ankunft beschlossen wir, nach Malmö zu fahren. Die Zugfahrt über die Öresundbrücke (ja, die Brücke aus der Serie Die Brücke – Transit in den Tod) dauerte nicht einmal eine Stunde. Trotz des Regens verbrachten wir den gesamten Tag damit, durch die 300 000 Einwohner Stadt zu schlendern. Viele kleine Shops, Cafés und Gallerien prägten das Stadtbild. Irgendwie schien dieser Ort die perfekte Übersetzung für das schwedische Wort und die Lebensphilosophie »lagom« zu sein: Nicht zu viel und nicht zu wenig. Die Stadt ist nicht groß, jedoch auch nicht klein. Sie ist modern, doch die Gebäude sind nicht charakterlos oder kalt. Einfach die goldene Mitte.

Zeit für Gemütlichkeit

Die restliche Woche verbrachten wir ausschließlich in Kopenhagen. Drei Schlagworte: Fahrräder, Fahrräder und nochmal Fahrräder. Das Gerücht, dass es in Kopenhagen mehr Fahrräder als Menschen gibt, schien sich zu bestätigen. Wir spazierten durch Nyhavn, Vesterbrø und andere Stadtviertel. Doch egal wo wir hingingen, die Menschen schienen entspannt, zufrieden und einfach glücklich zu sein. Am entspanntesten vielleicht in Christiania, einem sehr grünen Viertel Kopenhagens mit vielen alternativen Künstlerkommunen.

Dänemark ist, wie Schweden, sehr bekannt für seine Möbeldesigner. Etwas ausgefallener als das BILLY-Regal, dennoch schön schlicht und geradlinig. Bei einem Besuch im dänischen Designmuseum entdeckten wir, dass neben der »hygge«-Mentalität der Stuhl die zweite wichtige Stütze für ein glückliches Leben darstellt. Der perfekte Stuhl, die Königsdisziplin des Designs (denn er muss ja schließlich ergonomisch und auch schön anzusehen sein), wurde mit einer ganzen Ausstellung geehrt.

Generell heißt es ja, dass die Dänen unglaublich freundlich sind. Und tatsächlich: Es war nicht unüblich, mit Fremden längere Gespräche zu führen. Man hatte Zeit für Freundlichkeit. Das Handy war weniger wichtig als das Gegenüber. Das Wetter, obwohl es die meiste Zeit grau war und nieselte, konnte dieser Stimmung von Gelassenheit und Wohlbefinden jedoch nichts ab. Ganz im Gegenteil: Wir freuten uns, in unsere Wohnung zurückzufahren oder in einem kleinen Café den Abend ausklingen zu lassen. Denn das ist eigentlich der Kern von »hygge«: Gemütlichkeit, Geborgenheit, einfach eine gute Zeit verbringen.

Ein besonderes Urlaubssouvenir

Wieder zurück in der alltäglichen Hektik (trotz der Semesterferien) fällt mir erst auf, wie sehr ich diese skandinavische Grundentspanntheit jetzt schon vermisse. Ich für meinen Teil kann sagen, dass die Konzepte von »hygge« und »lagom« keine Masche sind, um Touristen anzulocken oder sich von anderen europäischen Ländern abzuheben. »Hygge« war überall zu finden: Beim Entspannen in einem Café, beim Essen in einem kleinen Restaurant, beim gemeinsamen Kochen und Plattenhören bei Regen – sprich überall. Und das ist vielleicht auch die Lehre der Dänen und ihrem »hygge«: Nimm dir Zeit für Gemütlichkeit und es wird dir gut gehen. Und diese Mentalität ist das schönste Urlaubssouvenir.

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