Einmal abgehen, bitte!

Einmal abgehen, bitte!

Zum 12. Mal machte sich die achtköpfige Münchner Band Jamaram am 10. Mai in die Alte Mälzerei nach Regensburg auf, diesmal mit ihrem Album »Freedom of Screech« und vielen altbekannten Songs im Gepäck.

Von Tabea Klaes

Die Mischung aus Dub und Ska-, Rock-, HipHop- und den typischen Reggeaelementen mit südamerikanischen und afrikanischen Beats machen den speziellen »Jamaram Stylee« aus und sorgten am Donnerstagabend zusammen mit der geballten Bühnenpower dafür, dass niemand die Mälze ohne ausgiebiges Schweißbad verlassen konnte.

Kurz vor ihrem Auftritt kamen Lionel Wharton (Keyboard), Samy Danger (Gitarrist und Vocals) und Tom Lugo (Vocals) im Gespräch mit der Lautschrift zusammen.

Sie erzählten über besondere Auftrittsorte, diskutierten über ihre speziellen Musikgeschmäcker und waren sich währenddessen nie zu schade, sich selbst und sich gegenseitig aufs Korn zu nehmen.

 

Wie schafft man es, dass man sich über so viele Alben und Jahre hinweg selbst treu bleibt und trotzdem immer wieder neue Musik macht?

Tom: Man darf sich weder selber ernst nehmen, noch danach fragen, was erlaubt ist. Man muss machen worauf man Bock hat – und fertig! Das machen wir schon immer – das worauf wir Bock haben. Das ist unsere rote Linie. Wir haben uns nicht so erfunden, dass man nur eine Richtung fahren kann.

Ihr tourt seit Jahren mit unzählbar vielen Auftritten durch die Gegend, was bleibt dabei von einzelnen Konzerten in Erinnerung?

Lionel: Es stechen immer einzelne Konzerte heraus, manchmal ergibt es aber wirklich einen Brei. Wenn man schon zum zehnten Mal irgendwo ist, weiß man nicht, wie das fünfte oder sechste Konzert war. Konzerte in neuen Clubs oder wenn was Besonderes, oder auch was Peinliches passiert, bleiben  in Erinnerung.

Sam: Da ist mal ein Mädchen auf die Bühne gekommen – bei einer Tanzeinlage bei einem unserer Songs – und ist vor mir auf die Box gestiegen und hat nicht gesehen, dass über ihr auch noch ne‘ Box ist und ist mit dem Kopf gegen die Box geknallt, ist dann runter in den Zuschauergraben und davor noch auf die Wellenbrecher gefallen. Da kann ich mich noch dran erinnern zum Beispiel. Ich weiß sogar noch, wo das war damals – in Nürnberg, im Hirsch. In Würzburg zum Beispiel ist es schwierig, sich an die einzelnen Konzerte zu erinnern, wir spielen dort oft am Wein am Stein, das ist in einem Weinberg drinnen und da fließt der Wein den Berg runter in unsere Kehlen.

Tom: Da könnt ihr euch noch an eure Blackouts nach den Konzerten erinnern!

Gibt es Orte, an denen ihr spielt und mit denen ihr euch besonders verbunden fühlt?

Lionel: Hier zum Beispiel! Also die Mälze ist ein Ort, an dem wir sehr gerne spielen, hier ist es uns  das erste Mal passiert, dass der Laden so richtig voll war. Dass es von der Decke getropft hat und die Leute voll ausgeflippt sind. Das ist ein bleibender Eindruck, den dieser schöne Club bei uns hinterlassen hat. Café Mokka in Thun in der Schweiz ist auch ein wunderschöner Club – krass eingerichtet, überall Klimbim, jeder freie Millimeter ist mit E.T.-, Barbie- und Transformerfiguren oder Lego belegt.

Sam: Je mehr Liebe die Besitzer  in ihren Club und ihr Programm einbringen, desto schöner ist es dort zu spielen. Wenn der Laden Tradition hat und die Leute mit Herzblut Veranstalter sind, dann ist es immer geil. Ich glaube, dass so ein Laden dadurch sein Publikum erspielt und dass die Leute, die dann kommen auch Bock darauf haben. Das ist ein klassischer Fall von »wie man in den Wald hineinschreit«.

Wer ist für die Musikauswahl im Tourbus verantwortlich? Sind eure Musikgeschmäcker unterschiedlich?

Tom: Der Fahrer darf bestimmen.

Lionel: Tom ist mehr so HipHop, glaube ich, oder?

Tom: Ja, es ist oft HipHop, Rap. Ich höre aber auch gerne Highlife – afrikanische Musik oder südamerikanische Mucke, viel Reggae.

Lionel: Also Peppi und Nik haben auch einen sehr guten Musikgeschmack, da kommt es selten vor, dass man sagt: »Ey, mach den Scheiß aus!«

Sam (an Lionel gerichtet): Du hörst irgendwie nie Musik!

Lionel: Ich hör‘ meine Musik für mich und ich höre Hörbücher. Ich hör‘ wenig Musik, weil auf das was ich gerade hören will, haben die meisten anderen keinen Bock.

Sam: Aber hörst du privat Musik?

Lionel: Ja. Jetzt höre ich gerade mehr Kontra K, Clueso und Scooter.

Sam: Sitzt du Zuhause und hörst Scooter?

Lional: Ja! Das hat mich interessiert: warum ist dieser Typ immer noch am Start und was macht ihn aus. Ich studiere das sozusagen.

Sam (lacht): Naja. Jeder hat ‘nen anderen Musikgeschmack. Aber so richtig um die Musik zu genießen, hörst du dir das an?

Lionel: Ne, das mach ich nicht. Ich mach Radio an und koche. Das ist mein Ding. Als Hörbuch höre ich gerade den neuen Frank Schätzing – die Tyrannei des Schmetterlings, das ist amüsant und unterhaltsam und mit coolem Thema: künstliche Intelligenz.

Zurück zu euren Anfängen, hattet ihr damals einen Alternativplan, wenn es mit der Musik nicht geklappt hätte?

Sam: Von Tom weiß ich, der wäre Schuhverkäufer geworden. Aber was meiner eigentlich war? Ich wäre Gitarrenlehrer geworden.

Die ernstere Antwort auf die Frage ist, dass wir wirklich keine Alternative hatten. Wir haben schon wirklich alles da rein gelegt. Ich habe mir überlegt, ob ich studiere oder Mucke mache und hab dann gesagt: »ich mach lieber Mucke und versuche ein Rockstar zu werden«. Hat dann nicht geklappt. Aber irgendwie fühle ich mich trotzdem so. Es war auch so, dass viele von uns Jobs damals nicht gemacht haben und sich da krass zurückgenommen haben, um die Band möglich zu machen. Es war dann über viele Jahre hinweg etwa so: »Fahren wir umsonst nach Buxdehude oder mach ich irgendeinen Job hier, der mir Geld und ‘ne Zukunft bringt?  – Okay, wir fahren umsonst nach Buxdehude!« Und das war gut so!

Auf welchen Auftritt in den nächsten Wochen freut ihr euch besonders?

Sam: Im Backstage Werk in München spielen wir diesen Sommer – das wird cool! Und das Trotom Festival in Italien, da freue ich mich drauf!

Lionel: Auf heute haben wir uns sehr gefreut!

 

Vielen Dank für das herrlich unkomplizierte und interessante Gespräch mit euch!

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