Der Apfel fault

Der Apfel fault

Apple kann für das vergangene Weihnachtsquartal wieder einmal Rekordzahlen vermelden. Über 18 Milliarden Dollar Gewinn in drei Monaten sind trotzdem kein Grund zur Freude – zumindest nicht für Apple-Nutzer. Warum der Konzern sich auf das besinnen sollte, was ihn groß gemacht hat.

Von Maximilian Stoib

Apple»Die fetten Jahre sind vorbei«, titelte die SZ gestern auf der ersten Seite ihres Wirtschaftsteils. Sie spielt damit darauf an, dass Apple trotz eines Rekordumsatzes im letzten Jahr für 2016 erstmals seit langem mit leicht rückläufigen Zahlen rechnet und glaubt sogar, dass Google den iPhone-Hersteller aus Cupertino als wertvollstes Unternehmen der Welt bald überholen könnte.

Das würde – und dazu muss man wahrlich kein Hellseher sein – für Schlagzeilen quer durch alle Medien sorgen: Die »Börse vor acht« jedenfalls würde mit Wortspielen von »wurmigen Äpfeln« und »faulem Obst« nur so um sich werfen um ihren Fernsehzuschauern klar zu machen, welch einschneidende Zäsur für die globale Wirtschafts- und Finanzwelt dies doch sei.

Das Unternehmen selbst würde seine aufgescheuchten Aktionäre vielleicht mit dem Verweis auf schwächelnde Konjunkturzahlen in China oder dergleichen beruhigen wollen und betonen, dass man freilich auch in Zeiten wie diesen in Sachen Innovation und technischem Fortschritt seinen Konkurrenten meilenweit voraus sei.

Der Konzern konzentriert sich zu sehr auf Profit – die Qualität bleibt auf der Strecke

Irgendwann würde sich die Aufregung wieder legen. Spätestens bei der nächsten groß inszenierten Präsentation eines neuen Apple-Produkts, dem nach eigenen Marketing-Aussagen selbstverständlich kein Mitbewerber dieser Welt das Wasser reichen könnte, wäre alles Misstrauen verflogen. Die altbekannten Bilder von meterlangen Schlangen vor den Apple Stores würden wie eh und je um die Welt gehen und verschleiern, dass die Firma mit ihrer Unternehmensphilosophie  in manchen Produktsparten seit Jahren in eine für die Verbraucher falsche Richtung geht:

Apple hat sich in den vergangen Jahren zu sehr darauf konzentriert mit iPhone, iPad, MacBook und Co möglichst große Gewinne zu erzielen und dabei die Qualität seiner Produkte – von den Arbeitsbedingungen bei den Zulieferern in Fernost gar nicht erst gesprochen – vernachlässigt.

Der Macintosh von 1984, der erste iMac aus dem Jahr 1998 und vielleicht auch das erste iPhone  – hinter all diesen Geräten stand neben Gewinnstreben, welches Ziel eines jeden Unternehmens ist und per se erst einmal auch nichts Schlechtes sein muss, der unbedingte Wille zum Perfektionismus.

Das Streben nach einem in jeder Hinsicht über jedwede Konkurrenz erhabenen Produkt ging immer zu großen Teilen auf den geradezu manischen Kontrollfreak Steve Jobs zurück, der auch noch über kleinste Details in Technik und Design stets die absolute Oberhoheit behalten wollte. Seine Besessenheit nahm bisweilen geradezu groteske Züge an, wenn er sich beispielsweise während der Entwicklung eines neuen Produkts über das Aussehen bestimmter Teile beschwerte, die der Verbraucher später beim fertigen Gerät nicht einmal mehr zu Gesicht bekam. Gleichzeitig sorgte diese perfektionistische Einstellung aber auch dafür, dass Apple vor allem bei vielen professionellen Anwendern hohes Ansehen genoss.

»Power User« haben Apple zu dem gemacht, was die Firma heute ist

Genau dieses Ansehen geht dem Unternehmen im Moment jedoch verloren, eben weil die Qualität der Produkte nicht mehr mit dem mithalten kann, was ein nicht unbedeutender Teil der Kunden von Apple aus früheren Zeiten gewohnt ist:

Die neuesten Versionen des Betriebssystems OS X können in Sachen Stabilität und Fehlerfreiheit nicht mit denen von vor sechs oder sieben Jahren mithalten, die Hardware von iMacs und MacBooks ist nicht annähernd so reparaturfreundlich und leicht nachzurüsten wie noch wenige Produktgenerationen zuvor und von Apple entwickelte Programme verlieren mit jedem Update an Funktionsumfang und Tiefgang.

Das alles klingt zugegebenermaßen sehr technisch, ermöglicht jedoch immer höhere Gewinnspannen und spielt obendrein für den Großteil der Nutzer gar keine Rolle: Sie kaufen Apple-Produkte, weil sie leicht und intuitiv zu bedienen sind und wahnsinnig gut aussehen. Daran ist nichts auszusetzen, doch neben ihnen gibt es eben auch solche Anwender, die sich von einem Apple-Gerät mehr erwarten:

Sie sind zwar bei weitem in der Unterzahl, die sogenannten »Power User« und »Professionals«, haben die Firma Apple aber wohl zu einem nicht unerheblichen Teil zu dem gemacht, was sie heute ist: Der Nimbus von Apple, er ruht eben nicht nur auf kinderleichter Bedienung und einem hübschen Aluminiumgehäuse, sondern auch darauf, dass kreative Köpfe vom Fotografen und Designer bis zum Musik- und Videoproduzenten in einem Mac ein Arbeitsgerät sehen, dass ihren hohen Ansprüchen über Jahre hinweg genügt. Genau das aber tun die Produkte von Apple, wenn man den den Diskussionen der Community in unzähligen Internet-Foren glauben schenken mag, immer seltener.

Diese Nutzergruppe mit einer Unternehmenspolitik zu vergraulen, die Profit zusehends über Qualität stellt, könnte dem Ruf von Apple auf Dauer schaden. Denn gerade der Otto-Normalverbraucher zieht ein Produkt von Apple dem der Konkurrenz oftmals auch deswegen vor, weil es schon beim Öffnen der Verpackung einen gewissen Hauch von kreativem Schaffen versprüht.

1997 startete Apple eine Werbekampagne mit dem Slogan »Think different«; es ist an der Zeit, dass der Milliarden-Konzern sich seine eigenen Worte zu Herzen nimmt und zusieht nicht diejenigen Kunden zu verlieren, denen er sein Image verdankt.

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