Willkommenskultur ist unsere stärkste Waffe

Willkommenskultur ist unsere stärkste Waffe

Nach den Anschlägen von Paris befindet sich Europa in der Schockstarre. Was jetzt auf keinen Fall passieren darf, ist ein weiterer Rechtsruck mit vermehrter Hetze gegen Flüchtlinge und muslimische Mitbürger. Ein Kommentar von Tilman Leicht.

127 Tote, mindestens 352 Verletzte, davon dutzende in Lebensgefahr schwebend. In Paris ist es am Freitagabend zum verheerendsten Gewaltverbrechen in Frankreich seit Ende des Zweiten Weltkriegs gekommen. Mittlerweile haben sich die selbst ernannten „Gotteskrieger“ des „Islamischen Staates“ zu diesen Anschlägen bekannt. Ein schreckliches Verbrechen, das den Menschen Angst machen, das die Menschen bis in ihr Tiefstes verunsichern soll. Wie wird die europäische Gesellschaft reagieren? Was werden rechtsextreme Politiker den Pegida-Demonstranten am Montagabend entgegen rufen? Werden mehr Leute als sonst an den Demonstrationen teilnehmen? Die rechtsradikalen Parteien Europas erleben seit einigen Jahren wachsenden Zuspruch. In Frankreich und Österreich gehören sie mittlerweile zu den einflussreichen politischen Akteuren. Die Anschläge vom 13. November 2015 gießen Öl in ein ohnehin schon loderndes Feuer.

Hass kann nicht durch Hass vertrieben werden

Die Absicht der Attentäter, ein Klima des Hasses und der Zwietracht zu erzeugen, könnte aufgehen, wenn sich Europas Bürger hinter ihren Politikern und vor ihren Fernsehern verstecken. Die Bürger müssen selbst Wort ergreifen – für freiheitliche Gesellschaften und gegen Angst und Terror.  Die Europäer dürfen ihre Grenzen nicht aus Angst um ihr Leben vor denen schließen, die aus Angst um ihr Leben fliehen. Denn die Fliehenden werden vom selben Feind bedroht. Hass kann nicht durch Hass vertrieben werden. Das Zelebrieren der Willkommenskultur, der Freiheit, der Vielfalt – das ist der schlimmste Feind der islamistischen, der rechtsradikalen, der rassistischen Terroristen.

Europa muss sich mit gutwilligen Muslimen verbünden

Frankreich und seine Verbündeten dürfen keine leichten Antworten auf schwere Fragen geben. Ein hektischer militärischer Gegenschlag würde auf einem solch komplexen Schachfeld, gespickt mit religiösen Fanatikern, unberechenbaren Akteuren und geopolitischen Interessen, nicht zum ersten Mal in Chaos und Elend enden. Der IS ist kein islamischer Staat. Er ist ein anti-islamischer Staat, der diese Religion missbraucht, um eine mehr als fragwürdige Ideologie zu fundieren und zu legitimieren. Der IS sorgte nicht nur in Paris für Angst und Schrecken. Die libanesische Hauptstadt Beirut wurde vorgestern von einem doppelten Selbstmordanschlag erschüttert. Mindestens 41 Menschen starben, mehr als 200 wurden verletzt. Es zeigt einmal mehr, dass der IS nicht nur den Westen ins Visier genommen hat, was wiederum bedeutet, dass der Westen dieses Problem nicht alleine lösen kann. Er muss über den eigenen Schatten springen, Staaten wie den Libanon um Hilfe bitten und Hilfe anbieten und gemeinsam den IS bekämpfen. Innerhalb, als auch außerhalb der europäischen Grenzen müssen wir miteinander leben und arbeiten – nicht nebeneinander. Dann wird es den Feinden der Freiheit auch nicht gelingen, Hass und Zwietracht zu säen.

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