Einmal Flüchtling – einmal nicht

Einmal Flüchtling – einmal nicht

Einer der Flüchtlingsaktivisten, die im Sommer 2012  auf dem Neupfarrplatz protestierten, wurde heute als Flüchtling anerkannt, ein anderer nicht. Dabei wirken ihre Fälle ähnlich – doch Mohammad Kalali war schneller.

 

bei der Kundgebung vor dem Gericht
Bei der Kundgebung vor dem Gericht

Der iranische Flüchtlingsaktivist Mohammad Kalali ist am Dienstagmorgen vom Verwaltung s gericht Regensburg als Flüchtling anerkannt worden, sein Mitkämpfer Omid Moradian nicht . Kalali darf jetzt wahrscheinlich für immer in Deutschland bleiben. Moradian steht nach wie vor nur unter Abschiebeschutz . Die beiden waren im Sommer 2012 bei dem Protest- Camp am Neupfarrplatz und im Juni 2013 beim Hungerstreik am Münchner Rindermarkt aktiv.

Der Ablehnung ihres ersten Asylantrags hatten sowohl Kalali als auch Moradian einen Folgeantrag gestellt; weil auch diese abgelehnt wurden, klagten sie und es kam zu der heutigen Verhandlung. Grund für ihren zweiten Antrag sollte ihr exilpolitisches Engagement sein. Doch während das von Kalali schon während des ersten A syl verfahrens deutlich war, hatte Moradian es im ersten Verfahren nicht erwähnt, erst nach Ablauf des Verfahrens schloss er sich der Bewegung der protestierenden Flüchtlinge an . Derzeit ist die Begründung des Urteils noch nicht veröffentlicht, bei der Verhandlung meinte der Vertreter des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) jedoch , Moradian habe sich nur deshalb der Bewegung angeschlossen, weil er als politischer Flüchtling anerkannt werden wollte .

Nach Paragraph 28 des Asylverfahrensgesetzes, kann einem Ausländer bei einem Folgeantrag die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt werden, wenn er die Gründe dafür »selbst geschaffen« hat – und zwar nachdem das erste Verfahren abgeschlossen war . Entsprechend der Auffassung des BAMF hat Moradian die Gründe für sein Asylgesuch erst mit seinem Engagement in der Flüchtlingsbewegung geschaffen – und damit erst nach der ersten Ablehnung. Die Darstellung Moradians hingegen besagt, dass er schon früher politisch aktiv gewesen ist: In seiner Heimat, dem iranischen Kurdistan habe er sich bei der Demokratischen Partei Kurdistans engagiert, das habe er auch nach der Flucht weiterhin getan. Erst als er dem F l üchtlingsprotest beitrat, habe er sein Engagement für diese Partei beendet. Um zu verdeutlichen, warum er nicht früher sichtbarer politisch agiert habe, verwies er auf die Schw ie rigkeiten sich politisch zu engagieren, wenn man als Asylbewerber neu in einem Land sei, die Sprache nicht spreche, sich dort erst zurechtfinden müsse . »Wie kann ich in dieser Situation im Lager meine politische Arbeit weiterführen?«

 

Von links: Mohammad Kalali, Omid Moradian und Unterstützer

Die beiden haben geklagt, auch wenn in ihrem Fall eine Anerkennung als Flüchtling keine bedeutsamen Folgen für die Aufenthaltsgenehmigung hat. Laut Moradians Anwalt Franz Auer sogar gar keine. „Im Wesentlichen ging es bei der Klage um den Pass und vielleicht auch ums Rechthaben«, meinte Auer in einem Gespräch nach der Verhandlung. Wer als Flüchtling anerkannt sei, bekomme einen Pass. Kalali bekommt nun neben seinem Pass nur noch definitiv das Recht, zu wohnen, wo er will und die Zusicherung, für drei Jahre in Deutschland zu bleiben. Wenn sich bis dahin nichts wesentliches im Iran ändere, das wäre zum Beispiel eine Revolution, könne sein Klient für immer in Deutschland bleiben, sagte Kalalis Anwalt Hubert Heinhold. Dass so etwas Bedeutendes geschieht, glaubt er nicht.
Es geht ihm nicht um Asyl, sondern um Kampf«, sagte Heinhold nach der Verhandlung über seinen Mandanten. Seit etwa zweieinhalb Jahren sei er in Deutschland, äußert Kalali, und spätestens seit dem Frühjahr 2012 setzt er sich für die Rechte der Flüchtlinge ein. In Würzburg nähte er sich den Mund zu, am Neupfarrplatz campte er für viele Wochen, von Würzburg nach Berlin marschierte er, dort angekommen stürmte er am 28.11.2012 die iranische Botschaft, am Münchner Rindermarkt bezeichneten die Medien ihn als „Rädelsführer« und immer wieder brach er die Residenzpflicht. Bei den allermeisten dieser Aktionen begleitete ihn auch Moradin Im Iran droht diesem daher auch eine so große Gefahr, dass er 2013 zugesichert bekam, zumindest zwei Jahre lang nicht abgeschoben zu werden, aber: All das Protestieren und Hungern fand statt nachdem sein erstes Asylverfahren beendet war, und damit kann das BAMF an diesem Dienstag mit Paragraph 28 argumentieren.

Vor Gerichtsverhandlung taten die beiden Iraner mit rund dreißig Unterstützern ihre Meinung am Haidplatz kund: D ie europäischen Staaten seien nicht in der Position „die Gründe ihrer erzwungenen Migration in Gerichten zu hinterfragen und darüber zu urteilen«. Ihre Gerichte ähnelten „Puppentheater n « . Gänzlich unrecht hatten sie damit an diesem Dienstag nicht: Mehrmals unterbrach d ie Richterin Moradian schon nach wenigen Sä tzen , und forderte, er möge sich auf das für sie R elevante beschränken : „Sie kommen also noch zum Punkt?« Und während das Urteil über ihn nach einer etwa einstündigen Anhörung nicht gefällt werden konnte und erst am Nachmittag veröffentlicht wurde, dauerte es bei Kalali nur wenige Minuten.

Direkt nach der Vorstellung des Falls, noch bevor der Iraner oder sein Anwalt zu Wort kamen, erklärte der Vertreter des BAMFs, dass Kalali als Flüchtling anerkannt werde. D iese Erklärung kam schnell und übersprang viele Schritte, so dass Kalalis Anwalt kurz protestierte: „das ist nicht sauber, nicht dogmatisch«, dann widersprach er aber nicht mehr sondern freute sich, so wie die etwa fünfzig Besucher und Freunde der Iraner, die mitgekommen waren. Später sagte er dann etwas , das nach diesem Tag wohl auch wieder viele bezweifeln werden : Ja, das gebe es noch im deutschen Recht: Asyl für politische Flüchtlinge.

Asylbewerber: Ist eine Person, bei der noch geprüft wird, ob ihr die Flüchtlingseigenschaft zusteht. Flüchtling: Oft wird dieser Begriff auch für Asylbewerber gebraucht, eigentlich aber ist die Flüchtlingseigenschaft ein rechtlicher Status, der einem Asylbewerber nach einem positiv entschiedenen Asylverfahren zuerkannt wird, sie beruht auf der Genfer Konvention.

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