Tanz Regensburg, tanz!

Tanz Regensburg, tanz!

Vergangenen Samstag in Regensburg: LaBrassBanda spielen auf der Tour zu ihrem aktuellen Album in der Donau-Arena. Über einen denkwürdigen Novemberabend und das Besondere an dieser Band – ein Konzertbericht.

LaBrassBanda
LaBrassBanda in der Donauarena

21:03 steht auf der Anzeigetafel, auf der üblicherweise der aktuelle Spielstand im Eishockey zu lesen ist. Stefan Dettl, Sänger und Trompeter von LaBrassBanda, betritt die von Scheinwerfern grellblau illuminierte Bühne und eröffnet mit einem schlichten „Habedieehre, Rengschburg“ die folgenden zwei Stunden. Spätestens beim Einsetzen der Bläser im ersten Song „Tecno“ beginnt das kollektive Ausrasten des Publikums. Als gleich im Anschluss mit „Autobahn“ einer der wohl bekanntesten Titel der Band angestimmt wird, erreicht die Stimmung schon nach kürzester Zeit einen Höhepunkt, den sie kaum mehr verlassen wird. Die Musiker haben leichtes Spiel: Die meisten Zuschauer kennen die Tracks in- und auswendig und wissen offenbar wie ein LaBrassBanda-Konzert abläuft. Trotzdem stellt Dettl zu Beginn die rhetorische Frage: „Danzt’s ihr heit mit uns?“

Der kometenhafte Aufstieg von LaBrassBanda in den letzten Jahren ging einher mit der Entwicklung einer neuen bayerischen Kulturbewegung, die traditionell-volkstümliche Musik mit modernen und ausländischen Einflüssen verbindet. Und genau das bringt die Band heute auf die Bühne. Ein Bob-Marley-Cover, südländische Rhythmen, instrumentelle Balkanbrass-Lieder und Techno-Songs mit so extrem schnell gesungenen bayerischen Texten, dass es selbst dem eingefleischtesten Bayern schwer fallen dürfte, diese auf Anhieb zu verstehen. Unterm Strich ist jeder Titel tanzbar, ob im „Freestyle“ – wie von Dettl mehrere Male gefordert  – oder in der gemeinsamen Choreographie wie bei „Jaqueline“. Jeder der Besucher hat glücklicherweise ausreichend Platz dafür, denn die Arena ist nicht ausverkauft. Das Publikum ist bunt gemischt. Von Teenies bis hin zu junggebliebenen Mitvierzigern  –  das Phänomen LaBrassBanda scheint bei nahezu allen Altersklassen anzukommen. Und auch Subkulturen übergreifend findet die Band Anklang: Von Dreadlocks bis zum Motörhead-Shirt ist alles zu sehen, wobei  Dirndl und Lederhosen klar dominieren.

Ein Auftritt, der die Eisstadion-Atmosphäre vergessen lässt

Die Songauswahl des Abends erstreckt sich querbeet über die drei Alben „Habedieehre“  (2007), „Übersee“ (2009) und „Europa“ (2013). Die Band wechselt geschickt zwischen aufputschenden, rhythmischen Stücken zum Ausflippen und Rumhüpfen und ruhigeren, melancholisch angehauchten Bläser-Instrumentals. Gerade in diesen Songs – meistens mit einem Posaunen-, Trompeten- oder Tubasolo ausgeschmückt – zeigt sich ein weiteres Puzzlestück des Erfolgs von LaBrassBanda: Sie sind alle exzellente Musiker, die zum Teil sogar einen Studienabschluss in ihren jeweiligen Instrumenten vorweisen können. Ein perfektes Beispiel dafür ist das sehr relaxte „Ofree“. Ein zweiter Schlagzeuger und mehrere zusätzliche Bläser verstärken bei dieser Tour den Bandkern. Das macht den Auftritt noch druckvoller, noch überzeugender. Dass die Donau-Arena mit ihrem Turnhallencharakter und den grauen Betonwänden keinerlei Flair versprüht, hat die Band auch bemerkt. Stefan Dettl entschuldigt sich bei den Zuschauern: „I woaß scho, es is net bsonders gmiatlich do herin. Mia hätten ja liaba in der Alten Mälze gspuit, aber des is mittlerweile einfach z’kloa für uns.“ Das ist dann wohl der Nachteil des Ruhms.Viele haben der Band  eine Kommerzialisierung vorgeworfen nach dem Wechsel vom kleinen Label RCA Records zu Universal Records. Davon ist, außer vielleicht am erhöhten – aber nach wie vor fairen – Ticketpreis, wenig zu merken.

Alles live – auch der Schweiß

Die Live-Show unterscheidet sich – im positiven Sinne – kaum von jener vor einigen Jahren in kleinen Clubs; die Band spielt mit viel Leidenschaft und Spontaneität. Und zelebriert Publikumsnähe im wahrsten Sinne des Wortes, als alle Musiker gemeinsam in Polonaise-Manier durch die begeisterten Zuschauer ziehen. Auch Dettls Ansagen sind erfrischend witzig und wirken keineswegs wie vom Band abgespielt. Vor der bekannten Eurovision-Songcontest-Single «Nackert» kann sich der Sänger eine Pointe zum letztjährigen Vorentscheid nicht verkneifen: „Mia hätten do Playback spuin soin, aber mia hom dann gsagt, dass ma des ned macha. Und auf oamoi warn die Techniker olle ganz begeistert, dass de Ausrüstung für a echte Liveshow ausm LKW hoin hom deafa.“ Nach dem entspannenden Rausschmeißer „Doda Hos“ verlassen glückliche Menschen in nahezu triefend nassen Shirts die Donau-Arena. Hatte Stefan Dettl also doch recht. Irgendwann während des Auftritts hatte er das Publikum gefragt: «Schwitzt irgendjemand no ned?» Ein paar wenige Hände schnallten nach oben, da entgegnete er: „Des kriag ma no!“

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