Was erlauben Sie sich eigentlich?!

Was erlauben Sie sich eigentlich?!

Wohnen – das bedeutet für Studenten nicht nur Zusammenleben mit Mitbewohnern, sondern auch, sich in neue Nachbarschaften zu integrieren. Mitunter kann dies zu einem Generationenkonflikt zwischen Senioren und Studenten führen, wie ich selbst erfahren konnte.

Von Selina Roos

Ein gemütlicher Donnerstagabend Anfang März. Draußen ist es schon dunkel und ich sitze an meinem Schreibtisch, in ein Buch vertieft. Im Hintergrund höre ich das melodische Klavierspiel, das aus dem anderen WG-Zimmer der Wohnung kommt. Es ist ein Popsong, Ariana Grande glaube ich. Auch Gesang kommt nun dazu. Als ich gerade die Augen schließe, um genauer zuzuhören, klingelt es plötzlich und das grelle Schellen der Klingel setzt dem ein abruptes Ende. Stille.

Ein Nachbar steht vor der Tür. Da wir in diesem Haus viele Nachbarn haben, können wir nur mutmaßen, in welcher Wohnung er wohnt. Er ist schon etwas älter, wirkt aber keinesfalls müde oder gebrechlich, ganz im Gegenteil. Kaum, dass wir die Tür öffnen, baut er sich mit hochrotem Gesicht vor uns auf: »Was erlauben Sie sich eigentlich?!« Seit unserem Einzug vor Kurzem gab es noch kaum Gelegenheit, die Nachbarschaft kennenzulernen und daher können wir die bekannten Gesichter an einer Hand abzählen. Dieser Mann gehört definitiv nicht dazu.

Bei dieser ersten Begegnung echauffierte sich dieser Nachbar in einem Ausmaß über das Klavierspiel meiner Mitbewohnerin, das uns erst einmal sprachlos dastehen ließ. Was ihr denn einfallen würde, abends (vor 22 Uhr) Klavier zu spielen und dann auch noch zu singen! In einer beachtlichen Lautstärke stellte er klar, dass dies für ihn eine unerträgliche Lärmbelästigung darstelle und dass das Haus sehr hellhörig sei. Wie ein wütender Zwerg tobte er vor unserer Tür und war nicht zu beschwichtigen. Dabei war ihm offensichtlich schon klar, dass wir neu eingezogen sind. Das brachte ihn aber keinesfalls auf die Idee, sich vorzustellen und einfach um Ruhe zu bitten, so wie das unter erwachsenen Menschen üblich ist. Unfreundlich geht ja auch, muss er sich wohl gedacht haben. Dabei übersah er völlig, dass er selbst einen sehr peinlichen und überall hörbaren Auftritt hinlegte, bei dem man sich tatsächlich fragen könnte, was er sich da erlaube.

Einige Tage später war dieser Nachbar wieder da und drückte meiner Mitbewohnerin die Hausordnung in die Hand – »falls Sie sie noch nicht gelesen haben«. Mit dieser gönnerhaften Geste unterstellte er ihr nicht nur, die Umgangsformen im Haus nicht zu kennen, sondern vermittelte auch den Eindruck, mit seiner aufbrausenden Beschwerde im Recht zu sein – was er aber nicht war. Klar kann man über alles reden, aber auf eine solch hochnäsige Art muss das nun wirklich nicht sein. Im Rückblick auf seinen sehr unfreundlichen ersten Auftritt meinte er noch, er habe ja keinen schlechten Eindruck hinterlassen wollen. Nun ja. Hat er aber. Ohne ein Wort der Entschuldigung.

Selbstverständlich ist gegenseitige Rücksichtnahme unter Nachbarn das A und O, selbst wenn sich ein Nachbar als besonders unnachgiebig erweist. Dann ist eben viel Geduld gefragt, um das nachbarschaftliche Verhältnis nicht mehr als nötig zu belasten. Muss man sich deswegen aber solche Szenen gefallen lassen? Ich meine nein. Auch wenn ich gut verstehen kann, dass man im gesetzteren Alter empfindlicher wird und gerne seine Ruhe hat: Manieren sollte man auch hier erwarten können.

Nächste Woche warten hoffentlich harmonischere News aus Katis WG-Leben auf euch.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert