Kinderspiele — eine Heimatausgabe

Kinderspiele — eine Heimatausgabe

Semesterferien. Ein allseits beliebter Zeitpunkt für Studenten, sich ihrer Eltern zu erinnern. Bei diesen Heimatbesuchen kann man so einiges lernen.

Die Semesterferien bieten mir immer eine prima Gelegenheit, aus den seltsamen Umständen der hiesigen Wohnerei ins traute Elternhaus zurückzukehren. Da meine Eltern viele junge Familien mit kleineren Kindern als Nachbarn haben, wird in ihrer Straße vor allem im Sommer wahnsinnig viel gespielt. Unweigerlich fühle ich mich dann in meine Kindheit zurückversetzt, wobei ich ehrlich gesagt zugeben muss, dass ich weniger interessante Spiele gespielt habe. Okay, »Polizei« haben wir vor zehn, fünfzehn Jahren auch schon gespielt. Ich frage mich, ob wir den Lauschenden dabei auch so viel über die Fahrkünste unserer Eltern verraten haben. Klein Sophia möchte heute gerne Polizistin sein. Das geht aber nur, wenn Klein Sophie mitspielt. Die will aber nicht, weil sie sonst von Sophia immer geblitzt wird. Aber wenn Sophie nicht mitspielt, hat die Polizistin Sophia ja gar nichts zu tun. Schwierig. Also beschließen die beiden, doch lieber ihre Castoren aus dem Garten zu holen. Prompt stellt sich ihnen der kleine David in den Weg. Der wird bestimmt mal Umweltschützer. Schließlich gehören Wegblockaden unbedingt zu einem echten Castortransport. Als den dreien aber auch das zu langweilig wird, gehen sie in einen Garten, in dem eine große Schaukel aufgebaut ist. Als ihr Geschrei langsam schon nervig für diejenigen wird, die einfach nur auf ihrer Terrasse die Sonne genießen wollen, kommt noch die kleine Miriam dazu. Sie will auch mitspielen, und fragt was sie machen. Wir spielen Taifun, erklärt Sophia. Unwillkürlich fange ich hinter der elterlichen Hecke an zu lachen. Die drei sind die vorige Stunde unaufhörlich auf die Schaukel geklettert, und mit lauten ‚Huuuuui‘ wieder runtergehüpft. Vom Winde verweht, sozusagen. Eine Stunde später fahren sie wie meistens in Kolonne um den Garten meiner Eltern. Das Haus steht in der Mitte der Siedlung, und so bietet es sich natürlich an, um den Mittelpunkt zu kreisen. Dazu benutzen sie allerlei Kinderfahrzeuge, je nach Alter BobbyCars, Fahrräder, Roller und was ihnen sonst noch in die Hände kommt. Der kleine David erzählt dabei am laufenden Band. Wahrscheinlich stellt er das Autoradio dar. Seiner großen Schwester gefällt aber das Programm nicht und befiehlt ihm, leise zu sein. Ein paar Runden geht das gut, dann scheppert es auf einmal am Gartenzaun, gefolgt von noch mehr Gepolter, und lautem Geschimpfe über David. Ich eile raus, um nach Verletzten dieser Massenkarambolage zu sehen. Als ich aus dem Garten komme, rappelt sich David, begraben unter einem Haufen Fahrräder, BobbyCars und anderem Kram, gerade auf. Stolz wie Oskar wischt er sich den Dreck vom Arm und sagt zu seiner Schwester: »Schau, das passiert, wenn ich nichts sage!«.

 

Ja, es ist schon schön in der Heimat. Wenn ich nächsten Sommer wieder länger dort bin, werde ich mich bereitwillig von Sophia blitzen lassen und das Ticket mit einer Tafel Schokolade bezahlen. Aber jetzt fahre ich zurück nach Regensburg und muss meine Wohnsinn-Studie wieder auf meine erwachsenen Nachbarn konzentrieren. Hier würde ich mir wohl auch Sorgen machen, wenn einer von ihnen mal eben seinen Castor aus seiner Wohnung holen möchte. Sollte das passieren, könnt ihr sicher sein, dass ich es euch hier erzähle, bevor ich mich dann doch nach einer neuen Bleibe umsehe. Aber vorher hat auf jeden Fall Regina wieder das Wort — nächste Woche, mit Neuigkeiten aus dem Mädchenwohnheim!

 

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