Fünf-Sterne-Schimmel

Fünf-Sterne-Schimmel

Das Erwachsenenleben bringt es mit sich, dass man Kontakt zu vielen verschiedenen Menschen bekommt. In den letzten Wochen habe ich euch hier bereits einige Exemplare vorgestellt, die mir bisher begegnet sind. Heute komme ich nun zu einer ganz besonderen Variante der menschlichen Spezies: dem Vermieter.

Sicherlich sind nicht alle Vermieter vom gleichen Schlag. Klischees zufolge sind sie gerissen, schmierig und nicht unbedingt die Art von Leuten, mit denen man Pferde stehlen würde. Obwohl sie selbst sicher gerne Pferde stehlen. All diese Vorurteile treffen allerdings auf unseren Vermieter zu. Genau genommen ist er Immobilienverwalter, den ich im Folgenden nur als Herrn K bezeichnen will. Herr K hat ein Auftreten, von dem er selbst wohl vermutet, es sei kumpelhaft und lustig. In Wirklichkeit merkt man ihm schon aus weiter Entfernung an, dass er zu seinem eigenen Vorteil jede Seele verkaufen würde. Er ist ein untersetzter Mann ohne Hals, hoch mal breit, der sich alle vier Minuten eine neue Zigarette anzündet. Herr K vermietet uns die Wohnung, als wäre es ein Fünf-Sterne-Appartement. Dass das nicht der Fall ist, ist uns klar. Aber danach suchen wir ja auch nicht. Zwei Zimmer, Küche, Bad; das reicht uns. Ob es schon Probleme mit Schimmel gab, wollen wir wissen. Nein, sagt Herr K. Er kann uns natürlich nicht garantieren, dass wir keine Probleme haben werden. Schließlich weiß er ja nicht, wie wir lüften. Wir finden, wir lüften ganz in Ordnung, trotzdem haben wir eine ganze Wand voll Schimmel zu unserem ersten Weihnachten in der ersten gemeinsamen Wohnung. Mit schlechtem Gewissen schreiben wir Herrn K eine E-Mail, beichten unsere Unfähigkeit und fragen, ob das vorher schonmal vorkam, und ob er vielleicht einen super Hausfrauentipp für die Entfernung hat. Er verneint wieder. Das sei unser Problem. Frohe Weihnachten. Ganz erwachsen lösen wir das Problem alleine. Im Februar teilt uns der Hausmeister mit, dass wir uns nicht wundern sollen, wenn nach den Semesterferien ein Gerüst vor unseren Fenstern steht. Die Wände müssten gedämmt werden, in den letzten Jahren habe es immer wieder Schimmelprobleme gegeben. Wir müssen schmunzeln, und erzählen ihm von unserem angeblich selbst verschuldeten Problem. Er bedauert uns ein wenig, denn er hat uns das kollektive Wissen der Regensburger voraus: Herr K scheint als der schlimmste Verbrecher der oberpfälzerischen Immobilienbranche berühmt-berüchtigt zu sein.

Das bestätigt sich später im Jahr, als es langsam aber sicher wieder kalt wird. Ab Oktober versuchen wir immer wieder, die Heizung zum Heizen zu bewegen. Aber da all das gute Zureden bis Mitte Dezember nicht hilft, wenden wir uns wieder ganz unbeholfen an den Hausmeister, der uns schon mehrere Gefallen getan hat. Als er unsere Heizungen sieht, kratzt er sich nur am Kopf. Er überlegt kurz, und holt Heizungsexperten, die gerade in einer anderen Wohnung zu Gange sind. Dann stehen sie zu dritt vor unseren Heizungen, und kratzen sich die Köpfe. Sie tauschen ein paar Fachbegriffe aus, strömen wieder in alle Richtungen davon. Als sie schließlich mit einer ganzen Menge Ausrüstung wieder kommen, brauchen sie noch eine Stunde, bis die Heizung läuft. Der Hausmeister schleppt allerlei Ersatzteile an, die er, wie er uns augenzwinkernd mitteilt, im Antiquitätenhandel noch günstig ersteigert hätte. Waren aber die letzten. Die Heizungsexperten erklären uns, dass es solche Heizungen eigentlich seit zehn Jahren nicht mehr gibt. Unser Vermieter müsste die eigentlich mal austauschen. Der Hausmeister lacht nur und erklärt den beiden, wer unser Vermieter ist. »Dann werden Sie beide wohl erfrieren«, erwidern sie an uns gewandt. Ich bin deshalb im Grunde froh, dass es diesen Sommer so heiß ist. So habe ich zumindest viele Erinnerungen, die mich warm halten können, wenn mir ab November in den eigenen vier Wänden die Frostbeulen wachsen. Kein Wunder, dass sich ohne Heizung auch die Wände ihren Winterpelz anziehen.

 

Das war’s wieder von mir. In Kürze gibt es an dieser Stelle wieder Neues von Regina.

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